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Während Frauen es eher gelassen angehen, „müssen“ Männer Gas geben.
BLOG JOHANNES LANGER
Immer mehr Frauen laufen, aber anders
Dass Frauen anders ticken als Männer ist auch in der Welt des Sports seit Längerem bekannt. Doch erst in jüngster Vergangenheit nimmt man die weiblichen Bedürfnisse von Läuferinnen wirklich ernst.
Es war 1990 aus Anlass des New York City Marathon im Hotel Sheraton. Der Veranstalter hatte uns vom Vienna City Marathon zu einem „get-together“ eingeladen. Mit Wolfgang Konrad saß ich am Tisch mit einigen amerikanischen Laufgrößen wie Boston-Sieger Amby Burfoot, dem damaligen Herausgeber der Runner’s World. Ich wurde auf einen Platz neben eine attraktive Läuferin gesetzt, die schon 1974 den Marathon in New York gewonnen hatte. Erst im Laufe des Gesprächs fand ich heraus, dass ich neben einer Legende saß. Nämlich jener Frau, die als erste am weltweit traditionellsten Marathon in Boston mit einer offiziellen Startnummer teilnahm.

Kathrin Switzer startete zum Marathon am 19. April 1967 mit Boston-Routinier Arnie Briggs und ihrem Freund Tom, einem Hammerwerfer. Als einer der Organisatoren, Jock Semple, erfährt, dass eine Freu an „seinem“ Marathon teilnimmt, rastet er aus, springt vom Pressewagen, beschimpft Kathrine und versucht, ihr die Startnummer runterzureißen. Tom setzt ihn mit einem gezielten Schlag außer Gefecht. Ein Fotograf hält die Szene fest, die Bilder gehen später um die Welt. Nach 4 Stunden und 20 Minuten überquert Kathrine die Ziellinie. Damit beweist sie, dass Frauen in der Lage sind, einen Marathon zu laufen, dass sie dadurch weder unfruchtbar noch lesbisch noch unattraktiv werden, und dass sich auch ihre Gebärmutter nicht löst und herausfällt. Denn das waren damals allen Ernstes die vorherrschenden Meinungen, gestützt auf medizinische Gutachten. 1975 geht sie wieder beim Boston Marathon an den Start und wird Zweite mit einer Zeit von 2:51 Stunden.?Im Februar 1981 erreicht sie ihren größten Sieg: das Internationale Olympische Komitee beschließt, bei den Spielen 1984 Frauen beim Marathon zuzulassen.

Aus heutiger Sicht unglaublich, dass das noch keine dreißig Jahre her ist. Denn Laufen ist die natürlichste Fortbewegungsart und steht als gesunde Ausdauersportart auch in Österreich hoch im Kurs. Hatten bislang die Männer beim Joggen anteilsmäßig die Nase vorn, kündigt sich derzeit eine Trendwende an. Noch im Jahr 2006 veröffentlichte das Linzer Meinungsforschungsinstitut Spectra die Ergebnisse einer Umfrage, der zufolge mehr als ein Viertel der Österreicher zumindest gelegentlich läuft, 14 Prozent einmal pro Woche oder öfter. Unter diesen ambitionierten Hobbyläufern waren die Männer noch mit 18 Prozent gegenüber nur 11 Prozent Frauen in der Überzahl. Zu völlig anderen Ergebnissen kommt die Timescout Studie 2010, wonach weibliche Jugendliche und junge Erwachsene heute deutlich aktiver sind als männliche. 35 Prozent der 11- bis 29-jährigen Österreicherinnen joggen, unter den 20- bis 29-jährigen ziehen sogar 40 Prozent regelmäßig Laufschuhe an. Wenn auch diese Studie zu einem etwas zu positiven Schluss kommt, der Trend ist klar erkennbar und die Zunahme weiblicher Teilnehmer an Laufveranstaltungen kann man durchaus als Boom bezeichnen.

Die Gründe, warum Frauen laufen
Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur in der Anatomie, sondern auch in der Motivation, warum sie laufen gehen: Während Männer gerne ihre Kraft und Ausdauer mit dem Nachbarn, dem besten Freund oder Arbeitskollegen messen, nennen Frauen ganz andere Gründe: Sie wollen durch Joggen abnehmen, attraktiver werden, etwas für die Gesundheit und ihr Wohlbefinden tun. Es gibt immer mehr extra Frauentraining, Frauensportschuhe, Frauenseminare, Frauenratgeber. Sabine von unserem CLUB LaufImPuls sagt spontan, dass beim Laufen für sie schon eine gesunde fröhliche Seele die halbe Miete auf dem Weg nach vorne ist. Und grundsätzlich ist sie auch ein großer Fan von Laufwettbewerben: „es ist immer ein großer emotionaler Moment, den ich schon oft genossen habe und den ich auch heuer beim Salzburg AMREF Marathon erleben will.“

Frauen können laufen, schnell laufen. Gerade etwas mehr als zwölf Minuten hinter dem schnellsten Marathonläufer kam Paula Radcliffe ins Ziel, in 2:15:25 Stunden finishte sie 2003 den London Marathon und stellte damit den Weltrekord auf. Das ist um drei Minuten schneller als die 2:18:24 jenes Herrn, der aktuell die heimische Bestenliste anführt.

Also: Frauen, fasst Mut und lauft, auch wenn ihr aufgrund eures Geschlechts weniger Muskelmasse und dafür mehr Fettgewebe habt und wegen des niedrigeren Testosteronspiegels eine geringere Muskelkraft. Ihr Frauen lauft einfach nur anders, seid stolz drauf!

„Frau läuft!“ am 3. Juli 2011 in Wals-Klessheim

Österreichischer-dm-Frauenlauf Wien am 22. Mai 2011
Text: JL
Foto: SIP
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Kommentare (1)
sab61
2011-05-02, 18:23
Ja, den Zieleinlauf find ich immer besonders toll. Wie durch eine enge Gasse und den Anfeuerungsrufen – wirklich ein immer wieder geiler Moment, den ich um nichts missen möchte. LG, Sabine