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Tabletten als Obst- oder Gemüde-Ersatz: Meist unnötig, teils schädlich
GESUNDHEIT UND ERNäHRUNG
Vitaminpillen verleiten zur Zügellosigkeit und weniger Sport
Immer mehr Menschen greifen zu Vitaminpräparate im Glauben, ihrer Gesundheit dadurch etwas Gutes zu tun. Taiwanesische Forscher behaupten jedoch das Gegenteil. Wer Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, verhält sich in Folge meist nachteilig für seine Gesundheit, so die Wissenschaftler.
„Das zeigt sich allein schon in der Tatsache, dass in jüngster Zeit zwar der Verbrauch dieser Mittel enorm ansteigt - die Gesundheit der Gesellschaft jedoch nicht“, so Studienleiter Wen-Bin Chiou in der Zeitschrift Psychological Science. Die vermehrte Einnahme der Nahrungsergänzungen führe sogar zu weniger Sport und ungesundem Essen.

Beruhigung der Gewissensbisse
Die Forscher verabreichten ihren Versuchspersonen Pillen und teilten einem Teil von ihnen mit, es seien Multivitamin-Präparate, den anderen, es handle sich um Placeboprodukte. In Wahrheit waren jedoch nur Tabletten ohne jegliche wirksame Inhaltsstoffe im Spiel. Wer jedoch glaubte, er habe ein Nahrungsergänzungsmittel eingenommen, hielt sich in Folge als unverwundbar für Gesundheitsrisiken. Nach vermeintlicher Vitamineinnahme betrieben die Probanden weniger Sport, aßen ungesünder und gingen auch weniger spazieren.

„Wer zu derartigen Mitteln greift, bezahlt einen versteckten Preis, sozusagen den Fluch der lizensierten Zügellosigkeit. Das ist gefährlich, denn ohne zusätzliches gesundes Verhalten hätten Ergänzungsprodukte in der Regel kaum Vorteile“, so Chiou. Alexandra Hofer, die Sprecherin der österreichischen Gesellschaft für Ernährung, bestätigt dies und dreht die Argumentation um. „Vitamin-, Mineralstoff- und Ballaststoffpräparate dienen für viele bloß dazu, ihr schlechtes Gewissen bezüglich ungesunder Ernährung zu beschwichtigen“, so die Expertin.

Obst und Gemüse sind gesünder
Aus Ernährungssicht sieht Hofer Nahrungsergänzungsmittel für junge, gesunde Menschen als überflüssig, da abwechslungsreiche Mischkost ohnehin für gute Nährstoffversorgung sorge. Da nur beim direkten Verzehr pflanzlicher Lebensmittel alle essentiellen und bioaktiven Substanzen in den Körper gelangen, sind die empfohlenen fünf Obst- und Gemüseportionen besser als entsprechende Extrakte und Konzentrate. „Ratsam kann die Einnahme für bestimmte Risikogruppen wie Schwangere, Raucher oder Alkohliker sein, wobei jedoch zuvor die Absprache mit dem Arzt erfolgen sollte“, so Hofer.

Die Einnahme der Präparate, die von der EU als „Lebensmittel“ eingeordnet werden, kann sogar gesundheitliche Risiken nach sich ziehen. Das ist am ehesten bei Menschen der Fall, die über längere Zeit zu Monopräparaten greifen. Wer etwa über längere Zeiträume Kalzium bei Osteoporose oder Zink bei Haarausfall einnimmt, kann sich dadurch andere Mangelerscheinungen einhandeln.

Österreichische Gesellschaft für Ernährung

Podcast Scientific American

Text: pressetext
Foto: SIP