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Für Marathonrekordler Günther Weidlinger war der Crosslauf schon immer eine perfekte Vorbereitung auf die neue Saison.
TRAININGSTIPPS
Training für Crosslauf als richtiges Winter-Highlight
Beste Vorbereitung für die neue Saison: An sich sind wir mitten drin in der Crosslauf-Saison, denn aufgrund der Schneelage ist ein lockeres Laufen auf ebenem Untergrund derzeit kaum möglich.
Besonders für junge Wilde im vollen Saft ist der Crosslaut die beste Vorbereitung für die Bahn- oder Straßenlauf-Saison. Aber auch Altersläufer können von dem Terrain-Lauf profitieren, wenn die Strecken orthopädisch schonend sind, das heißt auf größere Bergabpassagen verzichten.

Der Crosslauf unterscheidet sich stilistisch deutlich vom Bahnlauf mit seinem gestochenen Schritt und dem flachfüssigen Straßenlauf. Hier ist alles erlaubt, alles notwendig. Da legt man sich in die Kurve rein, gleich darauf kommt ein Antritt, bei einem kleinen Hügel stürmt man auf den spikesbewehrten Zehen hoch, durch Schlamm und Wasser gleitet man mit dem ganzen Schuh, bergab geht es auf der Ferse. Dazwischen liegen kleine Sprünge über Büsche und Bäche, wenn nicht sogar Hindernisse eingebaut sind. Klar, dass sich bei solchen Belastungen die Muskeln ganz anders ausbilden. Man spricht von einer verbesserten Kapillarisierung der Beinmuskulatur. Es bilden sich viele kleine Blutgefäße, die den Sauerstoff schneller transportieren können und den Ermüdungswiderstand der Beine erhöhen. Auch muskulär entwickeln sich die Beine bei diesem hochspezifischen Krafttraining besser, besonders bei Läufen im Schnee und Schlamm. Die gewonnene Kraft im Oberschenkel sorgt dafür, dass der Schritt im Sommer auf der Bahn länger ist, dass die Übersäuerung später eintritt. Auch das Fußgewölbe wird gestärkt durch die wechselnden Belastungen. Was besonders für den Marathon wichtig ist: ein oft notwendiger Schrittwechsel im letzten Drittel des Rennens, wenn die Beine schwer werden, wird crosserfahrenen Läufern leicht fallen, während der Nur-Straßenläufer oft nur einen Schritt „drauf“ hat.

Vom Crosslauf profitieren nicht nur die Beine, sondern auch die Arme, die beim Crosslauf nicht nur mitpendeln wie beim Straßenlauf, sondern aktiv eingesetzt werden, oft im schlammigen Gelände eine Balance-Funktion übernehmen. Die gewonnene Armkraft kann einen doppelten Vorteil bieten: die Laktatbildung kann besser toleriert, weil verteilt werden. Die Glykogendepots des Körpers werden durch aktiv eingesetzte Arme erweitert.
Beim Crosslauf treffen sich Läufer aller Typen, Mittelstreckenläufer, Hindernisspezialisten und Straßenläufer. Es ist derAllround-Lauf schlechthin. Genauso unterschiedlich sind die Bedingungen und Böden. Es gibt den Wald-Wiesen-Cross, den Matsch-Sand-Cross und den künstlichen Gross auf einer Pferderennbahn. Daneben läuft mancher alte Waldwege- oder Parklauf unter der Bezeichnung Cross.

Keine Intervalle
Vorbereiten sollte man sich auf unterschiedlichen Böden. Wer im Winter Cross läuft, muss runter von der Straße im Training und sich verschiedenen Anforderungen stellen. Das geschieht am besten in Form eines Fahrtspiels mit Tempo- und Böden-Varianten. Der angehende Crossläufer muss sein Trainingsaufbau nicht gleich mit Intervallen über 200 und 400 m durchsetzen, erwünscht sind aber einmal in der Woche Tausender (6 bis 8 ca. Sekunden über der 1.000-m-Durchschnittszeit im 10.000-m-Lauf). Die Intervalläufe mit den vielen Antritten im Belastungs- und später Ermüdungszustand sind im Winter gefährlich und fördern die Verletzungsanfälligkeit. Ruhige Dauerläufe sind angesagt. Der eigentliche Tempolauf steht sonntags an beim Crosslauf-Wettkampf, von dem man sich erstaunlich gut erholt, wenn er auf weichem Gelände stattfindet.

Wichtiger als ein höheres Durchschnittstempo im Training ist das Üben von plötzlichen Tempoänderungen im Crosslauf-Wettkampf. Neben dem bereits erwähnten Fahrtspiel sind hier kurze Sprints von 20-30 m zu nennen, die man im Sommer auf der Bahn und über 50 m laufen würde, im Winter aber im Gelände. Man kann sie fliegend laufen, aber sich auch im Standstart von einem Baum oder einer Laterne abstoßen (jeweils mit wechselndem Standbein) und so die Muskelkraft erhöhen. Ca. zehn solche Läufe genügen.
Dies ist besonders wichtig für Jugendliche im Wachstum, wo sich die Beinkraft erst entwickelt, und für Altersläufer, wo sie abnimmt. Dies kann man nach längerem Einlaufen vor dem ruhiger werdenden Dauerlauf machen. Ebenso wichtig sind Steigerungsläufe, die in einen Dauerlauf eingebettet werden können, aber auch nach dem Einlaufen ca. fünfmal gelaufen werden können. Diese Steigerungsläufe sind 50 bis 60 Meter lang und sprechen mit ihren verschiedenen Tempi verschiedene Schrittlängen an. Aus einem kurzen Schritt wird die Frequenz erhöht und gleichzeitig der Schritt verlängert. Spürt man eine Verkrampfung oder den Verlust der Lockerheit, wird das Tempo genauso zurückgenommen. Für eine Vorbereitung auf einen Crosslauf, der im allgemeinen als so genannte Langstrecke zwischen 8 und 12 km lang ist, sind keine langen Läufe erforderlich. 90 min reichen völlig aus.

Kein Selbstzweck
Ein Spezialtraining für den Crosslauf ist im allgemeinen nicht erwünscht, bringt auch bei Läufern der erweiterten nationalen Klasse wenig. Es sollte ein Aufbau über drei oder vier Crossläufe bis zum Saison-Höhepunkt erfolgen, bei dem man dann neben einem vernünftigen Resultat besonders den Blick auf die kommende Straßenlauf- oder Bahnsaison richten sollte. Der Crosslauf sollte also kein Selbstzweck sein, sondern ist fest eingebunden in die Vorbereitung. Drei bis vier Crossläufe sind schon insofern das Minimum für eine Crosslauf-Saison, weil man mit den wechselnden Bedingungen (Wetter, Strecke, Boden, Steigung, Gefälle) vertraut sein muss, um zu einer Form zu finden. Jeder wird mit der Zeit gewisse Vorlieben finden, wobei man sich allerdings nicht wundern sollte, wenn sich der Charakter einer Strecke innerhalb eines Tages völlig ändert. Eine durchgeregnete Nacht, Schneefall, Frost und Tauwetter können alles auf den Kopf stellen. Aber dabei lernt man, von Zwischenzeiten und Zeitvorgaben abzukommen und sich auf sein eigenes Körpergefühl zu verlassen. Darum auch sind die Afrikaner so stark im Crosslauf.

Umgekehrt braucht man keine Angst um mangelndes Tempogefühl für Straße und Bahn zu haben. Das kommt mit dem ebenen Untergrund im Frühjahr schnell wieder. Auch eine bleibende Stilverschlechterung ist nicht zu befürchten. Ein sechs- bis achtwöchiges Spezialtraining nach der Crosslauf-Saison genügt im allgemeinen, um bei einem guten Standard im Crosslauf wieder in Bestform zu sein.

So hat der Crosslauf für gesunde Läufer und Läuferinnen so gut wie keine Nachteile. Es sollte aber schon ein solider Unterbau von ca. zwei Jahren bestehen. Altersläufer mit Knieproblemen sollten allerdings Bergabpassagen meiden, Läufer mit Achillessehnenbeschwerden vor spitzen Kurven und herausragenden Baumwurzeln aufpassen. Gefährlich für alle sind Glatteispassagen, die aber im Gelände weniger auftreten als auf Wegen.
Text: SIP
Foto: SIP