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So würde Genzebe Dibaba in Zürich gerne wieder jubeln. Denn das würde bedeuten, sie hätte ihre Erzrivalin Almaz Ayana über 3.000m besiegt.
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Kenias Stars gehen in Zürich auf Diamanten-Jagd
Nur wenige Tage nach den Weltmeisterschaften und nach einer Reise um die halbe Welt geht es in Zürich um den zweitwichtigsten Erfolg in diesem Leichtathletik-Jahr: Den Sieg in der Gesamtwertung der Diamond League. In drei von vier Laufentscheidungen stehen die Kenianer in der Pole Position. Über 3.000m elektrisiert der Zweikampf Almaz Ayana gegen Genezbe Dibaba.
Den engsten Kampf um den Diamanten und das nicht minder beliebte 40.000$-Preisgeld gibt es im 1.500m-Lauf der Herren – und den kuriosesten. Denn Ayanleh Souleiman führt knapp in der Gesamtwertung, kann aber aufgrund der in Peking erlittenen Verletzung in Zürich nicht antreten. Diese Tatsache spielt den starken Kenianern in die Karten. Das Duell um den Gesamtsieg lautet also: Weltmeister Asbel Kiprop gegen Vorjahressieger Silas Kiplagat. Und die Ausgangsposition könnte kaum unterschiedlicher sein. Nach seinem dritten WM-Titel in Folge kommt der 26-Jährige mit einer geschwellten Brust in die Schweiz, während sein Konkurrent Kiplagat bei den Weltmeisterschaften leer ausging, was er als Enttäuschung empfindet. Diese mentale Ausgangsposition und auch die reinen Ergebnisse in diesem Jahr stecken Kiprop in eine Favoritenrolle. Der Weltmeister hat in Oslo, Monaco und London gewonnen (wobei nur zwei Siege für das Diamond Race zählten) und wurde in Eugene Dritter. Dazu kommt seine Fabelzeit, die er in Monaco ins Stadion zauberte. Kiplagat gewann in Shanghai und Paris und belegte in Oslo Rang zwei. Damit hat der 26-Jährige mit zehn Punkten einen Zähler mehr als Kiprop auf dem Konto. Die Rechenspiele sind einfach: Derjenige, der in diesem Vergleich als Erster ins Ziel kommt, gewinnt die Gesamtwertung. Im unwahrscheinlichen Fall, dass keiner der beiden Kenianer unter die Top-Drei kommt, oder Kiprop Dritter wird und Kiplagat bestenfals Vierter, bleibt die Führung in den Händen Ayanleh Souleimans, der das Diamond Race mit elf Punkten aktuell einen Punkt vor Kiplagat und zwei Punkte vor Kiprop anführt. Das Bittere dabei: Das Reglement der IAAF sieht vor, dass die Gesamtsieger im Diamond Race beim finalen Wettkampf am Start sein müssen, um prämiert zu werden. Sollten Kiprop und Kiplagat ihre Chancen verpulvern, entstünde eine bizarre Situation, die keiner gutheißen könnte!

Kenianische Phalanx
Das erste große Meeting nach Weltmeisterschaften kann niemals in Peking Geschehenes rückgängig machen. Aber die Gelegenheit eignet sich hervorragend, um entweder einen Erfolgslauf zu prolongieren oder Enttäuschungen zu verdrängen. Jene, die über 1.500m in Peking enttäuschten, so wie Matthew Centrowitz oder der unglückliche viertplatzierte Taoufik Makhloufi fehlen in Zürich, dafür sind mit dem Briten Charlie Grice oder dem Bronzemedaillengewinner Abdelaati Iguider zwei Nicht-Kenianer mit Selbstbewusstsein am Start. Ansonsten regiert Kenia, denn nicht weniger als acht der 14 Teilnehmer, unter denen sich auch die bei der WM geschlagenen Europäer Jakub Holusa und Henrik Ingebrigtsen befinden, kommen aus jenem Land, das bei der WM den Medaillenspiegel gewann. Unter ihnen Silbermedaillengewinner Elijah Manangoi und 5.000m-Silbermedaillengewinner Caleb Ndiku. Aus rein sportlicher Sicht kann wohl einzig der Marokkaner Iguider in die Phalanx der Kenianer eingreifen.

Birech fehlt ein Punkt
Apropos kenianische Übermacht: Im 3.000m-Hindernislauf gab es im „Vogelnest“ einen Vierfachsieg für Kenia. Nicht auf dem Podest war Jairus Birech, der alles dominierende Läufer in der heurigen Diamond League. Dreimal lag der 22-Jährige, der auch im Vorjahr das Diamond Race überlegen gewann, vorne: in Shanghai, Oslo und Paris. Dazu kommen zwei zweite Plätze in Eugene und London. Da beim Finale in Zürich auf Basis einer nicht fairen Regelung, die einzig zur Erzeugung künstlicher Spannung da ist, die doppelte Punktezahl ausgeschüttet wird, hat auch London-Sieger Conseslus Kipruto noch theoretische Chancen, das Diamond Race zu gewinnen. Dafür benötigte er einen eigenen Sieg und eine Pleite Birechs mit maximal Rang vier. Der vierfache Weltmeister Ezekiel Kemboi, der in Eugene gewonnen hat, ansonsten aber zwei empfindliche Pleiten erlitten hat, hat keine Chance mehr auf den Gesamtsieg, ist aber aufgrund der Erfolgswelle, die ihn von Peking nach Zürich gespült hat, Favorit auf den Laufsieg. Um Wiedergutmachung ist der US-Amerikaner Evan Jager bemüht. Durch die Anwesenheit weiterer starker Kenianer wie Paul Koech oder Jonathan Ndiku ist die Besetzung dieses Meetings im 3.000m-Hindernislauf stärker als jene bei den Weltmeisterschaften.

Ehrenrunde für Sum
Alles klar ist bereits im 800m-Lauf der Damen: Nach vier Siegen bei ebenso vielen Gelegenheiten hat Eunice Sum bereits so viel Vorsprung, dass sie nicht mehr von der Spitze verdrängt werden kann. Trotzdem hat die Saison der Kenianerin, die bis zu den Weltmeisterschaften hochüberlegen agierte, einen Makel: In Peking gewann sie lediglich Bronze. Weltmeisterin Marina Arzamasova, die in dieser Saison noch ohne Punkte im Diamond Race ist, kommt mit besten Erinnerungen nach Zürich: Hier hat sie sich im vergangenen Jahr zur Europameisterin gekürt. Damals mit auf dem Podium standen Lynsey Sharp und Joanna Jozwick, die ebenfalls mit Freude zurückkehren. Aus dem Finalfeld von Peking gehen die Britin Shelayna Oskan-Clarke und die Französin Renelle Lamote an den Start. Auch Sifan Hassan, die in Peking trotz massiver Verbesserung ihrer Bestleistung das Finale verpasst hat, gibt sich die Ehre. Und das obwohl sie bei den Weltmeisterschaften insgesamt fünf Auftritte hatte.

Versöhnlicher Saisonabschluss erwünscht
Der Fokus der Zuschauer im traditionell ausverkauften und sehr stimmungsvollen Zürcher Letzigrund ist auf Lokalmatadorin Selina Büchel gerichtet. Die Hallen-Europameisterin, die bei den Weltmeisterschaften äußerst unglücklich im Halbfinale gescheitert ist, hofft auf ein versöhnliches Ende ihrer bis dato mit Abstand erfolgreichsten Saison. Genau dasselbe trifft auch auf die Deutsche Fabienne Kohlmann zu.

Ayana gegen Dibaba
Almaz Ayana gegen Genzebe Dibaba, da war doch was… In Peking entzauberte Ayana, eine von 20 frisch gebackenen Weltmeistern in Zürich, ihre Konkurrentin mit einem unfassbaren Lauf über die letzten 3.000m des 5.000m-Finallaufs und stürmte zu einem überragenden WM-Gold. Eine Geschichte, die Dibaba, selbst Weltmeisterin über 1.500m, sicher nicht geschmeckt hat. Die 24-Jährige hat in Zürich, wo ein 3.000m-Lauf auf dem Programm steht, die Möglichkeit, zurückzuschlagen. Im Diamond Race führt sie nach Siegen in Eugene, Oslo und Paris mit zwölf Punkten deutlich, Almaz Ayana hat nach ihrem Sieg in Shanghai und Rang zwei in Paris exakt halb so viel zu Buche stehen. Wenn Ayana in Zürich gewinnt, muss Dibaba mindestens Dritte werden, um den Sieg im Diamond Race abzusichern. Jede andere Konstellation kann sie nicht gefährden. Entscheidend für den Einzelsieg in diesem brisanten Duell ist mit Sicherheit die Frage, wie sehr sich Dibaba von den Strapazen ihres WM-Doppelstarts erholt hat, denn das 5.000m-Finale fand ja am Schlusstag der Titelkämpfe, also lediglich vier Tage vor Zürich auf dem Programm. Deswegen ist durchaus anzunehmen, dass Ayana eine ähnliche Taktik wie in Peking anstreben und mit einem hohen Grundtempo versuchen wird, die endschnelle Dibaba frühzeitig abzuhängen.

Viele Läuferinnen „gehen fremd“
Theoretische Außenseiterchancen auf einen Gesamtsieg im Diamond Race hat auch Mercy Cherono, die hinblicklich des Einzelsiegs in Zürich sicherlich eine Kandidatin ist, in den äthiopischen Zweikampf eingreifen zu können. Eine weitere Mitfavoritin ist die Äthiopierin Senbere Teferi, die in Peking Silber über die 5.000m gewann. Hochinteressant ist die Beteiligung zahlreicher Athletinnen, deren Stärken auf anderen Distanzen liegen. Neben der 10.000m-Weltmeisterin Vivian Cheruiyot, eine von drei Titelträgerinnen aus Peking in diesem Rennen (!), und der Bronzemedaillengewinnerin Emily Infeld versuchen sich auch die amerikanischen 1.500m-Spezialistinnen Jennifer Simpson und Shannon Rowbury sowie Hindernisläuferin Emma Coburn über die 3.000m. Wer hier erste Konsequenzen aus den US-Enttäuschungen der WM erkennen will, ist jedoch wohl zu früh dran.

Alle jagen Rudisha
Die Entscheidung im Diamond Race im 800m-Lauf der Herren findet erst nächste Woche beim Abschluss-Meeting in Brüssel statt. Dementsprechend können die Teilnehmer am 800m-Lauf in Zürich, welcher nicht zum Diamond Race zählt, dieses Rennen als Generalprobe für Brüssel sehen oder als aktive Erholung nach den Weltmeisterschaften. Sportlich ist das Feld mehr als wertvoll: Weltmeister David Rudisha und Silbermedaillengewinner Adam Kszczot kommen mit dem Schwung der Erfolge aus China zurück nach Europa. Neben dem Weltrekordhalter und seinem vertrauten Pacemaker Sammy Tangui sind mit den WM-Finalteilnehmern Alfred Kipketer und Ferguson Rotich sowie Job Kinyor drei weitere starke Kenianer im Feld. Mohammed Aman möchte dagegen die WM, wo er als Titelverteidiger im Halbfinale disqualifiziert wurde und damit frühzeitig gescheitert ist, so schnell wie möglich vergessen. Weitere namhafte Teilnehmer, die Spannung in dieses Rennen bringen: die Finalteilnehmer von Peking Musaeb Abdulrahman Balla und Nader Belhanbel, der Pole Marcin Lewandowski als nur einer von zwei Europäern sowie 1.500m-Olympiasieger Taoufik Makhloufi.

Diamond League Meeting in Zürich
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images for IAAF