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Jennifer Wenth holte bei ihrem WM-Debüt das Maximum aus sich heraus und schaffte die beste Platzierung aller fünf ÖLV-Athleten in Peking.
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Starke Jennifer Wenth poliert mäßige WM-Bilanz des ÖLV auf
Die österreichische Leichtathletik erzielt dank Jennifer Wenth den ersten WM-Finaleinzug und damit das beste Resultat sein sechs Jahren. Die Nachbarn aus der Schweiz freuen sich in der Breite über die besten Weltmeisterschaften seit 24 Jahren. Und auch der DLV zieht mit acht Medaillen eine positive WM-Bilanz.
Mit großen Hoffnungen ist der Österreichische Leichtathletik-Verband ÖLV vor mehr als einer Woche nach China aufgebrochen. Die erstaunlichen Leistungen der beiden Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger (ÖTB OÖ) und Gerhard Mayer (SVS Leichtathletik) hatten die Hoffnungen auf eine einstellige Platzierung genährt. Doch in der Qualifikation erlitten die beiden Österreicher Enttäuschungen und mussten ausscheiden. Trotzdem erreichte Österreich die erste WM-Finalteilnahme seit dem achten Platz von Mayer bei den Weltmeisterschaften von Berlin 2009. Jennifer Wenth (SVS Leichtathletik) setzte sich im Vorlauf über 5.000m glänzend in Szene und schaffte die Qualifikationshürde und belohnte damit eine bravouröse Saison mit dem 15. Platz über 5.000m, als drittbeste Europäerin.

ÖLV-Funktionäre zufrieden
„Den Finaleinzig von Jennifer Wenth, das Semifinale von Beate Schrott und das gute WM-Debüt von Lukas Weißhaidinger bewerte ich als sehr positiv. Edwin Kemboi hat im Marathon unter sehr schwierigen Bedingungen ein Ergebnis im Mittelfeld ins Ziel gebracht. Dass bei Gerhard Mayer und Beate Schrott letztlich Verletzungen Besseres verhindert haben, ist schade, aber im Hochleistungssport leider möglich. Die WM war eine sehr gute Standortbestimmung. Jetzt gilt es, die Eindrücke zu verarbeiten und nach der Saison voller Elan Richtung Rio zu planen“, bilanziert Gregor Högler, Vorsitzender der ÖLV-Sportkommission. ÖLV-Präsident Ralph Vallon fügt an: „Wir sind in der Lage, Finalplätze zu erreichen. Das ist die motivierende Message, die wir aus Peking für die Vorbereitung auf das kommende Jahr mitnehmen.“ Die Aufbruchstimmung, welche die österreichische Leichtathletik dank starker Ergebnisse bei diversen Nachwuchs-Titelkämpfen in diesem Sommer erlebt hat, wurde bei den Weltmeisterschaften von Peking zwar nicht abrupt gestoppt, ihr wurde aber kein neuer Schwung verliehen. Dass der 15. Platz von Jennifer Wenth das beste WM-Resultat seit sechs Jahren darstellt, liegt vorwiegend an den schwachen Leistungen der letzten Jahre. Denn eines ist klar: Ein 15. Platz als Top-Resultat lässt noch viel Luft nach oben frei und liegt fünf Plätze unterhalb des vom ÖLV angestrebten Ziels bei diesen Titelkämpfen.

Verlässliche Wenth
Damit legte der Österreichische Leichtathletik-Verband eine sehr positive Bilanz vor. Am Ende musste sich die rot-weiß-rote Leichtathletik wie schon bei den Europameisterschaften in Zürich und den Hallen-Europameisterschaften in Prag auf Jennifer Wenth verlassen. Die junge Niederösterreicherin hat sich seit zwei Jahren sukzessive verbessert und über hervorragende Leistungen und Steigerungen auf kontinentaler Ebene das nächste Level erreicht. Dass sie das harte WM-Limit unterbieten konnte, war bereits ein Erfolg. Dass sie vor Ort den Finaleinzug schaffte, ein bravouröser Kraftakt in einem nicht einfachen Vorlauf. Der 15. Platz im Finale war keine Enttäuschung, Wenth lief die drittschnellste Zeit ihrer Karriere und präsentierte sich damit gut. Dass sie eine von nur drei Europäerinnen im Finale über 5.000m war, ist ein Achtungszeichen. Dass ein 15. Platz für eine Österreicherin aufgrund der afrikanischen Überlegenheit im Laufbereich ein sehr gutes Ergebnis darstellt, liegt auf der Hand. Dass Wenth am Ende über eine Minute hinter der überragenden Weltmeisterin Almaz Ayana lag, spiegelt im Übrigen den tatsächlichen Leistungsunterschied zwischen den beiden ungefähr wieder. Jennifer Wenth hat in Peking wichtige Erfahrungen gesammelt, die sie auf dem Weg zu den Olympischen Spielen in die Fortsetzung ihrer erfreulichen Entwicklung einfließen lassen wird.

Verletzungspech
Beate Schrott (Union St. Pölten) ist mit einer realistischen Zielsetzung nach Peking gereist: Halbfinaleinzug. Den schaffte sie, im Halbfinale hatte sie dann erneut Pech. Sie zog sich einen Muskelfaserriss im Oberschenkel zu und musste das Rennen beenden. Immerhin konnte sie das Stadion, nachdem sie sich kurz in einen Rollstuhl setzte, auf eigenen Beinen wieder verlassen. Allerdings hätte sie aus sportlicher Sicht auch ohne dieses Missgeschick den Finaleinzug nicht geschafft. Dennoch: Seit ihrem vorzüglichen 2012er-Jahr, welches mit einer nachträglichen EM-Bronzemedaille noch einmal aufgewertet wurde, wird die 27-Jährige immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen. Diese außergewöhnliche Verletzungsanfälligkeit gilt es nun für die kommenden Jahre einzudämmen, die Saison 2015 ist für die Niederösterreicherin jedenfalls gelaufen. Sie ist auch der Hauptgrund, warum die Olympia-Achte von London vor drei Jahren deutlich wettbewerbsfähiger war als aktuell.

Ebenfalls mit einer Verletzung zu kämpfen hatte Gerhard Mayer, dessen Leistungsfähigkeit von Schmerzen im Kreuzdarmbeingelenk litt. Sein Kollege Lukas Weißhaidinger konnte seinen in Schwechat erzielten ÖLV-Rekord in Peking nicht bestätigen und scheiterte mit drei konstanten Würfen in der Qualifikation. Obwohl es für den jungen Österreicher der erste WM-Auftritt war und er sicherlich auch an seiner Unerfahrenheit gescheitert ist, ist es angesichts ihrer hervorragenden Position in der Weltjahresbestenliste eine Enttäuschung, dass gleich beide den finalen Wettkampf nicht erreichen konnte. Übrigens: Sowohl die Saisonbestleistung von Weißhaidinger, als auch jene von Mayer hätte in Peking für die Silbermedaille gereicht.

Kemboi abgeschlagen
Ebenfalls nicht zufrieden konnte Edwin Kemboi (LAC Klagenfurt) bei seinem ersten internationalen Auftritt für Österreich sein. Der Kenianer erzielte im Marathon bei zugegeben außergewöhnlich schwierigen Bedingungen, die auch den Topstars den Nerv zogen, Rang 32 in einer Zeit von 2:28:06 Stunden. Dieses Ergebnis wird allerdings durch dutzende Aufgaben verschönert, die nackten Zahlen sprechen Bände: Die persönliche Bestleistung Kembois liegt über 15 Minuten unter jener Marke, die er in Peking erzielte. Mit der Spitzengruppe, die von Beginn an ein defensives Tempo wählte, konnte er nicht annähernd mithalten.

Gute WM für Deutschland
Mit insgesamt acht Medaillen, darunter eine Goldmedaille zur Eröffnung und eine am Schlusstag, zieht der deutsche Leichtathletik-Verband DLV eine positive Bilanz der Weltmeisterschaften 2015 in Peking. „Nur außergewöhnliche Athleten mit optimalen Saisonverläufen schaffen es bei Meisterschaften wie dieser aufs Podium“, betonte DLV-Cheftrainer Idriss Gonschinska. Am Ende teilte sich Deutschland den siebenten Platz im Medaillenspiegel mit Kanada. Damit erzielte Deutschland eine Medaille mehr als vor zwei Jahren, als man allerdings viermal Gold gewann, und ein besseres Ergebnis als in Daegu und London. Natürgemäß sorgten hauptsächlich die Werferinnen und Werfer für diese positive Bilanz, hervorstechend sind deshalb die Überraschungsmedaillen durch Hürdensprinterin Cindy Roleder und die historische Bronzemedaille für Gesa Felicitas Krause – die erste im Laufbereich für den DLV seit 24 Jahren. „Gesa Felicitas Krause steht für Professionalität, Zielstrebigkeit und Organisation in einem für sie perfekten Umfeld“, lobte Gonschinska.

Viel Pech für starkes Schweizer Team
Neben dem Medaillenspiegel gibt es bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften auch den so genannten Placing Table, der die ersten acht Plätze eines jeden Wettkampfes erfasst und anhand eines Punktesystems die Nationen einordnet. Diese Wertung wird von Experten gerne als verlässliche Einordnung der Stärke der jeweiligen nationalen Verbände verwendet, weil sie einen besseren Überblick gibt als der Medaillenspiegel, der von individuellen Leistungen abhängig ist. 68 Nationen schafften bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften zumindest einen Top-Acht-Platz, darunter kleine Nationen wie Ekuador, Moldawien, Zypern, Saint Lucia oder Antigua & Barbuda. Österreich ist in dieser Auflistung leider nicht dabei, dafür aber die Schweiz auf einem geteilten 59. Platz. Hauptauschlaggebend dafür war der sechste Platz der Hürdensprinter Noemi Zbären. Doch diese einzige Top-Acht-Platzierung täuscht darüber hinweg, dass das Schweizer Team in Peking einen äußerst starken Eindruck hinterließ und insgesamt vier Top-Ten-Plätze erzielte – so viele, wie zuletzt 1991 bei den Weltmeisterschaften in Tokio. „Ich bin grundsätzlich sehr zufrieden mit diesem Team, obwohl wir meine drei prognostizierten Top-Acht-Platzierungen nicht erreicht haben. Die Jungen haben die Herausforderung angenommen. Auch das schlägt sich in meiner positiven Bilanz nieder“, erklärte Peter Haas von Swiss Athletics.

Man kann vieles behaupten, aber dass die Schweizer in Peking von Glück verfolgt waren, sicherlich nicht. Europameister Kariem Hussein verpasste im 400m-Hürdensprint im Duell mit dem späteren Weltmeister Nicholas Bett aus Kenia den Finaleinzug als Neunter nur um 0,05 Sekunden. Ähnlich hauchdünn war es bei Selina Büchel im 800m-Halbfinale. Und Sprinterin Mujinga Kambundji steigerte mehrfach ihre Landesrekorde und wurde im 200m-Sprint hervorragende Zehnte.

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2015 in Peking
Text: SIP / TK
Foto: GEPA Pictures / Mario Kneisl – Getty Images for IAAF