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Asbel Kiprop hinterließ im Vorlauf und im Halbfinale einen überzeugenden Eindruck.
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Asbel Kiprop will die kenianische Erfolgsserie fortsetzen
Bei 13 Medaillen, davon sechs in Gold, steht Kenia vor dem Schlusstag bei den Weltmeisterschaften von Peking an der Spitze des Medaillenspiegels. Mit der Hilfe der 1.500m-Läufer könnte der kenianische Verband WM-Geschichte schreiben. Die lauernde Konkurrenz für Asbel Kiprop und Silas Kiplagat ist jedoch groß.
Bewerb: 1.500m-Lauf der Herren
Startzeit: Sonntag, 30. August um 19:45 Uhr chinesischer Zeit / 13:45 Uhr MEZ
Titelverteidiger: Asbel Kiprop (Kenia)
Olympiasieger 2012: Taoufik Makhloufi (Algerien)
Europameister 2014: Mahiedine Mekhissi-Benabbad (Frankreich)
WM-Rekord: Hicham El Guerrouj (Marokko), 3:27,65 Minuten (Sevilla 1999)

Dem einzelnen Sportler ist der Medaillenspiegel wahrscheinlich schnuppe. Den Verbänden nicht, denn er liefert die prestigeträchtige Einordnung im Kampf der nationalen Verbände. Vor vier Jahren in Daegu hat Kenia 17 WM-Medaillen geholt. Um diesen Bestwert zu toppen, müsste Kenia am Schlusstag vier Medaillen oder mehr holen, was bei insgesamt drei Laufentscheidungen im Bereich des Möglichen scheint. Was aber noch wichtiger ist: Kenia führt nach acht von neun Tagen im Medaillenspiegel und ein Sieg ist dem kenianischen Verband noch nie gelungen. Entscheidend für den Verbleib am Platz der Sonne ist vorrangig nicht die Anzahl der Medaillen, sondern die Anzahl der Goldmedaillen, von denen Kenia und Jamaika bisher jeweils sechs, die USA fünf geholt hat.

Kampf um Medaillen unter Freunden
Wenn der Startschuss über 1.500m der Herren fällt, haben die Kenianer zwei heiße Eisen im Feuer. 100%-ig werden sich die beiden nicht bekämpfen, sie werden sich gegebenenfalls sogar gegenseitig unterstützen. Denn Asbel Kiprop, zweimaliger Weltmeister, und Silas Kiplagat, Sieger des Diamond Race 2014 und Silbermedaillengewinner 2011, sind gute Freunde und zwar nicht eine nur inszeniert, sondern wirklich – eine im Spitzensport seltene Konstellation. Denn auf der Bahn sind sie natürliche Gegner und wenn es darum geht, wer Asbel Kiprops Traum vom WM-Hattrick am stärksten gefährdet, fällt der Name Kiplagat am häufigsten. Dennoch: Kiprop ist als Weltjahresschnellster und erfahrener Läufer, der seit den Olympischen Spielen 2008 auch genau weiß, wie man im „Vogelnest“ triumphiert, der erklärte Favorit auf den WM-Titel – und eine starke Hoffnung des kenianischen Verbandes, der den Medaillenspiegel nicht mehr aus den Augen verliert.

Videostudium als Geheimnis
Silas Kiplagat genießt die Position des Außenseiters. Vor vier Jahren hat ihn nur ein Wimpernschlag vom WM-Titel getrennt, in Peking würde er das Resultat von damals nur allzu gerne umkrempeln. Mit zwei Siegen in der Diamond League hat er seine gute Verfassung unter Beweis gestellt, auch wenn er in der Weltjahresbestenliste nur auf Rang acht liegt, weil er im Harakirirennen von Monaco nicht dabei war. Zur Vorbereitung auf die WM schaltete der 25-Jährige oft seinen Videorekorder ein und analysierte peinlichst genau alte Läufe der Legenden Hicham El Guerrouj und Nourredine Morceli, die es gemeinsam auf sieben WM-Titel bringen. „In der Vergangenheit sind mir oft dumme Fehler passiert. Zum Beispiel, dass ich zu spät im Rennen noch zu weit hinten platziert war“, erklärt Kiplagat, „Ich habe mir genau angesehen, wie El Guerrouj und Morceli üblicherweise ihre Rennen gewonnen habe und ich will es ihnen nachmachen.“ Dass sein Landsmann, der sowohl in schnellen Läufen, als auch in von taktischen Spielchen geprägten Meisterschaftsläufen seine ausgeprägten Fähigkeiten entfalten kann, nur sehr schwer zu schlagen sein wird, ist dem Herausforderer bewusst: „Die Zeit, die er in Monaco gelaufen ist (3:26,69 Minuten, nur 0,69 Sekunden überhalb des Weltrekordes, Anm.), zeigt seine Qualität. Allerdings auch die Qualität des gesamten Feldes. Es ist ein riesiger Anspruch, aber ich werde alles in die Waagschale werfen und hoffe auf das bestmögliche Resultat.“

High Noon letzte Runde
Wie die beiden Halbfinalläufe bereits unmissverständlich angekündigt haben, die Entscheidung über Wohl oder Wehe im Endresultat fällt in der letzten Runde, vielleicht sogar auf den letzten Metern. Die beiden weiteren Kenianer im Feld, Elijah Manangoi und Timothy Cheruiyot sind in der Außenseiterrolle, genauso wie der einzige Äthiopier Aman Wote. Die Nordafrikaner Abdelaati Iguider aus Marokko und Taoufik Makhloufi aus Algerien haben in dieser Saison bereits mehrfach nachgewiesen, dass sie in verdammt guter Form sind und selbst Asbel Kiprop ernsthaft fordern können. Wenn das Rennen 1.400 Meter neutralisiert werden würde und es nur auf die Zielgerade ankäme, wäre Nick Willis aus Neuseeland wohl unschlagbar. Unvergessen ist sein Sprint exakt auf dieser Bahn, als er vor sieben Jahren im Schlussspurt von Rang elf aus beinahe noch Sieger Asbel Kiprop gefährdet hätte. Befindet sich der erfahrene 32-Jährige in der Kurve in einer guten Position, ist er ein heißer Medaillenanwärter.

Last Chance for America
Einer, der bei Meisterschaftsentscheidungen in den letzten Jahren ausschließlich immer überzeugen konnte, ist Matthew Centrowitz. Nach Daegu und Moskau fehlt ihm nur noch die Goldmedaille in seiner Sammlung. Der Druck ist in den letzten Tagen auf jeden Fall gestiegen, denn der 25-Jährige ist die letzte Hoffnung der US-Amerikaner, dass die Laufbewerbe in Peking nicht mit einem mittleren Debakel enden. In fast allen Disziplinen waren sie mit berechtigten Medaillenhoffnungen an den Start gegangen, bisher ist einzig die Bronzemedaille von Emily Infeld über 10.000m als zählbarer Erfolg vorzuweisen, dafür aber unzählige Enttäuschungen. Und in diesem Streben nach WM-Gold könnte Centrowitz ein entscheidender Gegenspieler der Kenianer im Medaillenspiegel sein, denn die USA ist nach einer Schwächephase in der Mitte dieser Titelkämpfe Kenia wieder auf den Fersen.

Centrowitz’ Landsleute Leonel Manzano, der heuer nicht richtig in die Gänge gekommen ist, immerhin aber das Finale erreicht hat, und WM-Debütant Robby Andrews sind krasse Außenseiter. Apropos Außenseiter: In vielen Laufdisziplinen haben die Europäer in Peking überzeugen können und neben dem Farah-Doppelschlag durch Marina Arzamasova sogar eine dritte Goldmedaille gewonnen, der 1.500m-Lauf der Herren bildet eine große Ausnahme: ein einziger Europäer hat es ins Finale der besten Zwölf geschafft, Charlie Grice aus Großbritannien. Europameister und zweifacher WM-Medaillengewinner im 3.000m-Hindernislauf Mahiedine Mekhissi-Benabbad verpasst die gesamte Saison verletzungsbedingt.

Angesichts dieser Konstellation und der berauschenden Qualität im Feld, steht einem hochspannenden Finale über 1.500m nichts im Wege – als hoffentlich krönender Abschluss der Laufbewerbe im Rahmen der Weltmeisterschaften 2015 in Peking. Angesichts vier Kenianer und drei US-Amerikaner im Finale fehlt bloß etwas die nationale Vielfalt, aber in einem WM-Finale sollen auch die besten der Besten laufen.

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2015 in Peking
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images for IAAF