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Der letzte Sieg ist immer der schönste. Selten hat sich Mo Farah noch während eines Rennens über eine Goldmedaille so gefreut wie beim Sieg über 5.000m im „Vogelnest“ von Peking.
NEWS
Mr. Unbezwingbar schafft zweiten WM-Doppelschlag in Serie
Mo Farah gewinnt bei den Weltmeisterschaften in Peking nach Gold über 10.000m auch den 5.000m-Lauf. Der Brite ist der erste Läufer, der über diese Distanz dreimal in Folge bei Weltmeisterschaften triumphiert. Es ist der bereits fünfte Doppelschlag in der erfolgreichen Karriere Farahs.
Viel haben sich seine Konkurrenten nun wirklich nicht einfallen lassen, um Mo Farah herauszufordern. Es ist halt doch immer ein Vanbanque-Spiel: Wie viel riskiere ich für die kleine Möglichkeit, Farah zu besiegen und eventuell WM-Gold zu gewinnen, bei einem deutlich größeren Risiko, leer auszugehen, wenn der ambitionierte Plan in die Hose geht. Über 10.000m haben es die Kenianer mit einer Team-Taktik versucht, mit einem starken äthiopischen Trio im Rennen war ihnen das aber über 5.000m offensichtlich zu riskant. Wem soll man es verdenken?

Farah Letzter
So war es der Brite Tom Farrell, der während der ersten Hälfte des Rennens an der Spitze lag und ein sehr gemütliches Tempo vorgab. Dahinter reihten sich die US-Amerikaner Ben True und Galen Rupp ein, doch auch sie wollten die Flinte nicht zu früh ins Korn werfen. Und Mo Farah? 2.000m lang genoss er die Atmosphäre des gut gefüllten „Vogelnests“ an der letzten Stelle. Nach knapp 3.000m übernahm endlich ein Äthiopier das Ruder, Imane Merga, der WM-Dritte von Daegu über die doppelte Distanz. In Sekundeneile reagierte Farah und schob sich von ganz hinten auf die kontrollierende zweite Position, die er bis zum Schlusssprint nicht wieder verließ.

Ndiku versucht’s
Als einziger rüttelte im Endeffekt der kenianische Herausforderer Caleb Ndiku am bereiteten Thron Farahs. Nach 4.200m übernahm der 22-Jährige das Zepter und führte die erwartete Tempoverschärfung abrupt ein. Das Feld zog sich in die Länge, endlich war Musik drin in diesem Finale. Farah heftete sich an Ndikus Fersen, der aber weiterhin vehement aufs Tempo drückte. Selbst auf der Gegengeraden der letzten Runde schien der Kenianer noch eine kleine Lücke öffnen zu können. Doch dann fand Farah in der letzten Kurve den Anschluss, setzte anfangs der Zielgerade zum Überholmanöver an. Was dann folgte, war eine Demonstration und das Ende eines sensationellen Schlusskilometers von 2:19,50 Minuten. Der Unterschied im Schlussspurt war frappierend, die Siegerzeit von 13:50,38 Minuten eine unwichtige Randnotiz. Während Farah jubelnd über die Ziellinie lief und sich über seinen insgesamt fünften WM-Titel freute, rettete Ndiku, dem der Sprit ausgegangen war, mit einiger Mühe die Silbermedaille, mit der er sich anschließend sehr zufrieden zeigte. Dass der Brite möglicherweise bei einer anderen Renngestaltung angreifbar gewesen wäre, hielt er den Konkurrenten nachher im TV-Interview wohl unabsichtlich unter die Nase: „Ich musste hart kämpfen. Denn der 10.000m-Lauf war extrem Kräfte raubend. Ich bin überglücklich, dass es dennoch zu Gold gereicht hat.“ Wie sehr ihm der sechste WM-Titel noch Spaß machte, bewies der ansonsten oft ruhige 32-Jährige mit einigen Faxen vor der versammelten Fotografenschaft.

Der Unsterbliche
Auch wenn es wider erwarten doch nicht das härteste Rennen seiner Karriere wurde, man kann sich nicht oft genug vor diesem britischen Ausnahmesportler verneigen und Lobeshymnen vortragen. Es ist unfassbar, welch große Erfolge Mo Farah in seiner sportlichen Karriere bereits erzielt hat. Zu den fünf WM-Titel kommt ja noch eine WM-Silbermedaille im 10.000m-Lauf von 2011, fünf EM-Titel, eine EM-Silbermedaille, zwei Olympische Goldmedaillen, zwei Hallen-Europameistertitel über 3.000m und ein Crosslauf-EM-Titel 2006. Mit Sicherheit wird der Brite, dessen Karriereende zum Leidwesen aller anderen Langstreckenläufer ja noch nicht ansatzweise in Sichtweite ist, als einer der erfolgreichsten Läufer aller Zeiten in die Geschichte eingeht. Wenn die famose Serie an Titeln und Erfolgen bei internationalen Meisterschaften als Maßstab gilt, dann sogar als größter Läufer aller Zeiten.

Farah im Kreis der Allerbesten
Nicht nur die drei WM-Titel über 5.000m gehen in die Geschichte ein, Farah ist nun der fünfterfolgreichste Leichtathlet aller Zeiten bei Weltmeisterschaften, als Nummer eins der Läufer. Nur die Ausnahmesprinter Usain Bolt (10x Gold), Carl Lewis (8), Michael Johnson (8) und La Shawn Merritt (6 plus 3x Silber), die von multiplen Medaillenchancen profitierten, liegen noch vor dem Briten, der in zwei Jahren angesichts seines Heimspiels in London wohl noch einmal am Start sein wird. Von den Läuferkollegen haben auch Ezekiel Kemboi und der bereits zurückgetretene Haile Gebrselassie sieben WM-Medaillen gesammelt, allerdings jeweils „nur“ vier in Gold – wobei der Fairness halber anzuführen ist, dass Kemboi sämtliche sieben WM-Medaillen über 3.000m Hindernis geholt hat und nicht in zwei verschiedenen Disziplinen. Kenenisa Bekele gewann sechs WM-Medaillen, davon fünf in Gold, Hicham El Guerrouj ebenfalls sechs, davon vier in Gold und Bernard Lagat zwei Goldmedaillen bei insgesamt sechs WM-Podestplatzierungen.

Äthiopischer Sprint um Bronze
Mit Ausnahme der WM 2007 stand im neuen Jahrtausend immer ein Äthiopier auf dem WM-Podium. Nach dem Motto „Adel verpflichtet“ waren es auch zwei Äthiopier, die um die Bronzemedaille sprinteten. Am Ende setzte sich der erfahrenere Hagos Gebrhiwet, der in Moskau als Zweiter bereits auf dem Podest gestanden hatte, gegen das 18-jährige Juwel der Äthiopier, Yomif Kejelcha durch und freute sich über Rang drei. Auch wenn Kejelcha leer ausging, es scheint sehr, sehr wahrscheinlich, dass seine Zeit noch kommen wird. Als bester US-Amerikaner erreichte Galen Rupp wie schon im 10.000m-Lauf das Ziel als starker Fünfter, seine Landsleute Ben True und Ryan Hill folgten bei Fuß, was auch bedeutet, dass die Amerikaner eine virtuelle Mannschaftswertung gewonnen hätten. Als bester Europäer kam der überlegene U23-Europameister Ali Kaya auf Rang neun ins Ziel.

Ringer schlägt sich tapfer
Angesichts des gemächlichen Tempo über weite Strecken des Rennens konnte der Deutsche Richard Ringer lange gut mithalten. Nach 4.000m lag er noch mitten in der Gruppe auf Rang acht, doch als das Feld angesichts der Tempoverschärfung explodierte, kämpfte der 26-Jährige mit stumpfen Waffen und kam in einer Zeit von 14:03,72 Minuten auf Rang 14 ins Ziel. Damit konnte er immerhin noch den Briten Tom Farrell hinter sich lassen. Mit dem Finaleinzug hatte Ringer sein großes Ziel bereits erreicht.


5.000m-Lauf der Herren, Endergebnis

Gold: Mo Farah (Großbritannien) 13:50,38 Minuten
Silber: Caleb Ndiku (Kenia) 13:51,75 Minuten
Bronze: Hagos Gebrhiwet (Äthiopien) 13:51,86 Minuten


4. Yomif Kejelcha (Äthiopien) 13:52,43 Minuten
5. Galen Rupp (USA) 13:53,90 Minuten
6. Ben True (USA) 13:54,07 Minuten
7. Ryan Hill (USA) 13:55,10 Minuten
8. Isiah Koech (Kenia) 13:55,98 Minuten
9. Ali Kaya (Türkei) 13:56,51 Minuten
10. Edwin Soi (Kenia) 13:59,02 Minuten
11. Albert Rop (Bahrain) 14:00,12 Minuten
12. Mohammed Ahmed (Kanada) 14:00,38 Minuten
13. Imane Merga (Äthiopien) 14:01,60 Minuten
14. Richard Ringer (Deutschland) 14:03,72 Minuten
15. Tom Farrell (Großbritannien) 14:08,87 Minuten

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2015 in Peking
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images for IAAF