Member Area
Benutzer:
Passwort:
Gratis anmelden
Schafft Genzebe Dibaba das angestrebte, historische Double 1.500m und 5.000m, was noch keiner Läuferin jemals bei Weltmeisterschaften gelungen ist, geht sie als einer der Superstars dieser Weltmeisterschaften heraus.
NEWS
Wenth beim großen Duell der Weltrekordjägerinnen live dabei
Jennifer Wenth hat sich ihren Traum vom WM-Finale erfüllt und darf den Finallauf über 5.000m am Schlusstag der 15. IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften vor zig-tausenden Zuschauern genießen. An der Spitze kämpfen zwei äthiopische Rivalinnen um die WM-Krone.
Bewerb: 5.000m-Lauf der Damen
Startzeit: Sonntag, 30. August um 19:15 Uhr chinesischer Zeit / 13:15 Uhr MEZ
Titelverteidigerin: Meseret Defar (Äthiopien)
Olympiasiegerin 2012: Meseret Defar (Äthiopien)
Europameisterin 2014: Meraf Bahta (Schweden)
WM-Rekord: Tirunesh Dibaba (Äthiopien), 14:38,59 Minuten (Helsinki 2005)
Österreichische Teilnehmerin: Jennifer Wenth (SVS Leichtathletik)

Es ist das Duell im Rahmen der Laufentscheidungen der Weltmeisterschaften von Peking: Genezbe Dibaba gegen Almaz Ayana. Ein Duell der besonderen und brisanten Art. Erstens, weil beide in dieser Saison bereits kräftig am Weltrekord von Tirunesh Dibaba geschnuppert haben. Zweitens, weil die Rivalität zwischen den beiden „Teamkolleginnen“ groß ist und sie sich nicht besonders mögen. Und drittens, weil beide wissen: Wer in Peking gewinnt, hat den Saisonfight gegen die Konkurrentin gewonnen und geht mit einem Hochgefühl in den wohl verdienten Winter – es sei denn, nach der Weltmeisterschaft sollte der Weltrekord doch noch fallen…

Jagd nach dem Weltrekord
Unverhofft kommt oft: Als Almaz Ayana zu Saisonbeginn beim Diamond League Meeting in Shanghai mit ihrem Sieg in einer Zeit von 14:14,32 Minuten die drittschnellste Zeit der Geschichte lief, rieben sich viele Beobachter verwundert die Augen. Die 23-jährige Äthiopierin hatte ihre Bestmarke um rund elf Sekunden gesteigert und für einen echten Paukenschlag gesorgt. Ein Hammer, der auch Genzebe Dibaba belastete. Sie war es nämlich, die bereits vor der Saison den Angriff auf den Weltrekord ihrer Schwester angekündigt hatte. Zweimal probierte es Dibaba, in Eugene und Oslo. Doch im Alleingang scheiterte sie jeweils nicht nur am Weltrekord, sondern auch an Ayanas Weltjahresbestleistung. Unverhofft kam dann zum zweiten Mal oft: Überraschend standen beide Weltrekordjägerinnen in Paris an der Startlinie, die Erwartungen an ein pfeilschnelles Rennen waren groß. Aber wie es häufig ist, verderben viele Köche den Brei. Dibaba brach eine Vereinbarung der Aufteilung der Tempoarbeit und zockte Ayana im Finale ab. Sieg in persönlicher Bestleistung, aber kein Weltrekord und auch keine Weltjahresbestleistung. Ayana verließ stinksauer das Stadion, die Grenze von einer normalen Rivalität zur giftigen war spätestens jetzt überschritten.

Rivalität als Antrieb zu Höchstleistungen
Es ist normal, dass sich zwei Weltklasse-Athleten, die sich regelmäßig auf höchstem Niveau bekämpfen, nicht mögen. Das war schon bei Tirunesh Dibaba und Meseret Defar, die zweitschnellste Läuferin aller Zeiten und in Peking abwesende Titelverteidigerin, so. Das ist auch bei den Größen in anderen Disziplinen und anderen Sportarten Gang und Gebe. Und unter dem Strich sind diese brisanten Rivalitäten auch eine spannende Zutat für hochkarätige Rennen. Denn dadurch können sich beide Beteiligten zu Höchstleistungen hochschaukeln. Dass im Meisterschaftsrennen von Peking der Weltrekord fällt, ist ausgeschlossen. Dass das Duell um die WM-Goldmedaille ein fesselndes wird, ist sehr wahrscheinlich. Denn eines ist völlig klar: Diejenige, die „nur“ die Silbermedaille gewinnen wird, wird sich als große Verliererin fühlen und es nur schwer übers Herz bringen, der Gegnerin freundlich zu gratulieren. Im Umkehrschluss ist ein Sieg über die Rivalin ein emotionales Hochgefühl, dass von der Wertigkeit für die Zukunft vielleicht mehr bedeuten wird, als eine Goldmedaille ohnehin schon wiegt.

Unschlagbar auf der Schlussrunde
Das Duell Dibaba gegen Ayana ist auch das Duell der beiden Taktiken. Auf der Schlussrunde ist die 24-jährige Weltmeisterin über 1.500m in Wirklichkeit nicht schlagbar. Die Schlussrunde über 1.500m war in ihrer Qualität einmalig in der Geschichte des Laufsports. Auf diese Stärke will sich die Laureus Weltsportlerin des Jahres 2014 auch im Finallauf über 5.000m verlassen wollen. Das bedeutet auch, dass sich Almaz Ayana ein paar taktische Finessen überlegen muss. So wie Dibaba allerdings im Laufe dieser Saison aufgetreten sind, sind Schwächen wohl nur mit einer verstärkten Lupe erkennbar. Es wird spannend zu sehen sein, ob Ayana von Beginn an ein hohes Tempo anschlagen wird. Denn eine Achillesferse gibt es vielleicht doch: Dibaba hat in den Tagen von Peking, die aufgrund der Verhältnisse mit der hohen Luftfeuchtigkeit nicht gerade die angenehmsten sind, bereits drei Läufe über 1.500m und einen Vorlauf über 5.000m in den Knochen, die sie übrigens allesamt als Siegerin beendete. Ayana dagegen ist deutlich frischer.

Räumen die Äthiopierinnen komplett ab?
Passiert im „Vogelnest“ von Peking kein sportliches Wunder, sind die Gold- und die Silbermedaille bereits für den äthiopischen Verband reserviert. Keine andere der insgesamt 15 Finalteilnehmerinnen hat nur annähernd die Leistungsfähigkeit von Dibaba und Ayana. Einen „Sweep“, wie die Kenianer im 3.000m-Hindernislauf der Herren zelebrierten, könnte Senbere Teferi vollenden. Die 20-Jährige, die heuer in der Diamond League zweimal auf das Podest gelaufen ist und in der Jugend eine starke 1.500m-Läuferin war, kämpft wohl gegen die Kenianerinnen Viola Kibiwott und Mercy Cherono, Silbermedaillengewinnerin von Moskau, um die Bronzemedaille. Beide sind in diesem Jahr eine Zeit von 14:34 Minuten gelaufen. Dagegen sind die zwei weiteren Kenianerinnen Janet Kisa und Irene Cheptai nur Außenseiterinnen. Der kenianische Verband darf vier Teilnehmerinnen stellen, weil Cherono als Gesamtsiegerin des Diamond Race 2014 eine Wildcard erhalten hat.

Ein rot-weiß-roter Tupfer
Viele haben Jennifer Wenth eine derartige Leistung nicht zugetraut, doch die Niederösterreicherin hat sich in einem harten Vorlauf durchgebissen und rutschte als 15.-schnellste in das Finale. Dass diese Finalteilnahme den größten Erfolg ihrer noch jungen Karriere darstellt, liegt auf der Hand. Dass sie im Finale auf nicht allzu viele Läuferinnen trifft, die sie realistischerweise hinter sich lassen kann, ebenso. Für die 24-Jährige geht es darum, diesen Auftritt auf der größten internationalen Bühne zu genießen, zu viele für die Zukunft nützliche Erfahrungswerte wie möglich zu sammeln, einen guten Lauf über die 12,5 Stadionrunden zu zeigen und knallhart zugreifen, wenn sich die Gelegenheit einer Positionsverbesserung bietet. Taktisch wird sich Wenth ähnlich wie im Vorlauf erst einmal ans Ende des Feldes reihen und versuchen, so lang wie möglich in einer Gruppe zu bleiben. Sollte Ayana, möglicherweise mit kenianischer Unterstützung, an der Spitze tatsächlich ein hohes Tempo anreißen, wird das nicht nur für Wenth eine sehr schwierige Aufgabe. Neben der Österreicherin sind mit der Niederländerin Susan Kuijken und der ehemaligen Junioren-Weltmeisterin Stephanie Twell aus Großbritannien nur noch zwei weitere Europäerinnen im WM-Finale, was Wenths tolle Leistung im Vorlauf und während der gesamten Saison unterstreicht. Europameisterin Meraf Bahta aus Schweden fehlt verletzungsbedingt bei diesen Weltmeisterschaften.

Erste Finalteilnahme seit sechs Jahren
Ein bemerkenswertes statistisches Datum ist Jennifer Wenth bereits vor dem Finale sicher. Sie ist die erste österreichische Leichtathletin seit sechs Jahren, die ein WM-Finale erreicht. Damals stand Diskuswerfer Gerhard Mayer (SVS Leichtathletik) im Finale von Berlin und erzielte Rang acht. Da es im Marathon keine Qualifikations-Wettkämpfe gibt, erfasst diese Statistik Edwin Kemboi (LAC Klagenfurt) nicht. Damit ist nach dem im wahrsten Sinne des wortes schmerzhaften Aus für Beate Schrott (Union St. Pölten) im Halbfinallauf über 100m Hürden auch klar, dass Wenth die beste ÖLV-Platzierung seit damals erreichen wird, bei den Austragungen 2011 und 2013 gab es jeweils einen 18. Rang als rot-weiß-rotes Hochgefühl.

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2015 in Peking
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images for IAAF – GEPA Pictures / Mario Kneisl