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Im Moskauer Luzhniki Stadion war Florence Kiplagat die erste Medaillengewinnerin der Weltmeisterschaften vor zwei Jahren.
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Starke Äthiopierinnen gefährden Kiplagats Traum vom Hattrick
Die unvergessliche Catherine Ndereba war die erste Marathonläuferin, die zweimal WM-Gold holte. Nach Rang zwei hinter Paula Radcliffe 2005 war sie die dritte Läuferin nach der Portugiesin Maria Manuela Machado und der Rumänin Lidia Simon, die drei WM-Medaillen gewann. Beide Rekorde will Edna Kiplagat in Peking übertreffen. Das äthiopische Trio hat etwas dagegen.
Bewerb: Marathon der Damen
Startzeit: Sonntag, 30. August um 7:30 Uhr chinesischer Zeit / 1:30 Uhr MEZ
Titelverteidigerin: Edna Kiplagat (Kenia)
Olympiasiegerin 2012: Tiki Gelana (Äthiopien)
Europameisterin 2014: Christelle Daunay (Frankreich)
WM-Rekord: Paula Radcliffe (Großbritannien), 2:20:57 Stunden (Helsinki 2005)

Sie ist so etwas wie Mrs. WM-Marathon. Nicht nur, weil sie eine der wenigen Top-Marathonläuferinnen der Welt ist, die sich dafür entschieden hat, den WM-Marathon unter den unfreundlichen Bedingungen der chinesischen Hauptstadt zu laufen und damit möglicherweise auf lukratives Preisgeld bei einem der großen City-Marathons im Herbst zu verzichten. Sondern vor allem, weil sie bei Meisterschaftsrennen bis dato stets die besten Leistungen abgerufen hat. 2011 setzte sie sich in einem bis zum Finale unglaublich spannenden Marathon gegen ihre Landfrauen Priscah Jeptoo und Sharon Cherop durch und führte den ersten Dreifachsieg der WM-Marathon-Geschichte an. Zwei Jahre später in Moskau widerstand sie als einzige dem außergewöhnlichen Frontlauf der Italienerin Valeria Straneo, um im Finale locker leicht die Goldmedaille zu sichern – Edna Kiplagat.

Zweifel über die Form
Alleine die WM-Erfolge erklären die insgesamt vierfache Mutter (davon zwei adoptierte Kinder) zur Mit-Favoritin auf den dritten WM-Titel in Folge, was ein Novum in der Geschichte des Marathons darstellen würde. Doch hinter der Verfassung der 35-Jährigen stehen Fragezeichen. Beim einzigen Auftritt in diesem Jahr, beim mit Stars überfüllten London Marathon, verpasste sie in einer Zeit von 2:27:16 Minuten einen Platz unter den besten Zehn. Auch der 13. Platz davor beim New York City Marathon 2014 ist kein Qualitätssiegel, der Sieg beim London Marathon im Frühjahr 2014 dagegen schon. Eines ist klar, wer in Peking gewinnen will, muss in Topform sein. Die 67 teilnehmenden Läuferinnen aus 39 Nationen haben sicherlich den Marathon der Herren beobachtet und die Lehren daraus gezogen. Zeiten und Vorleistungen sind Schall und Rauch. Was zählt, ist die Tagesverfassung!

Zwei Siege in China für Dibaba
Ein wohl unschätzbarer Vorteil ist es, wenn man die Art von äußeren Bedingungen, welche in Peking vorherrschen werden, kennt. Die kenianischen Superstars Dennis Kimetto und Wilson Kipsang sind auch über diese Komponente gestolpert. Eine, die sich in China bestens auskennt, ist Mare Dibaba, die wohl größte Herausforderin Kiplagats. Zu Jahresbeginn gewann sie den Marathon im südchinesischen Xiamen (wie auch 2014), was klimatisch mit Peking allerdings nicht vergleichbar ist. Was aussagekräftiger aus diesem Rennen ist, ist die Zeit von 2:19:52 Stunden, welche immer noch als Weltjahresbestleistung gilt. Edna Kiplagat ist nur ein einziges Mal in ihrer langen Karriere schneller gelaufen. Für ihre 25 Jahre ist Mare Dibaba bereits eine sehr erfahrene Marathonläuferin und geht in Peking zum zwölften Mal über die 42,195 Kilometer an den Start. Und sie ist eine Vielläuferin, denn der WM-Marathon ist nach dem Sieg in Xiamen und Rang zwei in Boston der bereits dritte im laufenden Kalenderjahr. Zwei große Marathons ist Dibaba allerdings nach ihrem Debüt in Rom 2010 jedes Jahr gelaufen, ausgenommen in der Saison 2013, die sie mit widerspenstigen Magenproblemen verpasst hatte, drei bereits im Vorjahr, alle mit Top-Ergebnissen.

Jugendsünden
Der WM-Marathon in Peking ist Dibabas zweiter Meisterschafts-Marathon nach den Olympischen Spielen von London, wo sie Rang 23 belegte. Seither ist ihre Leistungsfähigkeit allerdings deutlich gestiegen, was sie zu einer ernsthaften Kandidatin auf WM-Gold macht. Dass die 25-jährige Äthiopierin in letzter Zeit ausschließlich sportliche Schlagzeilen schreibt, ist beruhigend und schön für sie, denn ihre Vergangenheit weißt keine blütenweise Weste auf – heute eine lustige Anekdote: 2009 hatte sie, wohl aufgrund lukrativer Versprechen, die Staatsbürgerschaft von Aserbaidschan angenommen, taufte sich in Mare Ibrahimova um und sollte an den Junioren-Europameisterschaften teilnehmen. Kurz vor den Titelkämpfen kam gerade noch ans Licht, dass Dibaba nicht 1991, sondern 1989 geboren ist, womit ein Start nicht mehr möglich war. Somit war auch der Nationenwechsel sinnlos und wurde kurzerhand revidiert. Seither ist Mare Dibaba wieder voll und ganz Äthiopierin.

Starkes äthiopisches Team
Während zahlreiche kenianische Marathon-Stars wie Priscah Jeptoo oder Mary Keitany in Peking fehlen, schöpfen die Äthiopierinnen aus dem Vollen und schicken ein bärenstarkes Trio in den Kampf um die Medaillen. Tigist Tufa hat in diesem Jahr überraschend den London Marathon gewonnen, ein Rennen, das in seiner Renngestaltung an ein Meisterschaftsrennen erinnerte. Auch die dritte Äthiopierin Tirfi Tsegaye, Siegerin des Berlin Marathon 2014 in Weltjahresbestzeit, die sich in der internen Ausscheidung gegen Tokio-Siegerin Berhane Dibaba durchsetzte, sorgte in den letzten Jahren regelmäßig für tolle Ergebnisse bei großen internationalen Marathons. Die Kenianerinnen schicken neben Titelverteidigerin Kiplagat noch Helah Kiprop, Jemima Sumgong, 2014 Zweite des New York City Marathon, und Visiline Jepkesho ins Rennen, die jedoch allesamt maximal Außenseiterchancen auf das Podest haben. Kiprop belegte heuer beim Tokio Marathon Rang zwei, Sumgong wurde in London Sechste und Jepkesho erzielte beim Paris Marathon Rang drei. Gute Medaillenchancen werden dagegen einer Kenianerin, die für den Bahrain an den Start geht, zugeschrieben: Asien-Meisterin Eunice Kirwa. Zum erweiterten Kreis der Kandidatinnen auf eine vordere Platzierung zählt auch Beata Naigambo aus Namibia.

Japanische Außenseiterinnen
Traditionell bei Weltmeisterschaften immer stark sind die Japanerinnen, die mit Sairi Maeda, die heuer in Nagoya eine Bestzeit von 2:22:48 Stunden gelaufen ist, Mai Ito und Risa Shigetomo ein starkes Trio ins Rennen schicken. Die drei Damen, die sich bei den schwierigen Vorausscheidungen in Japan durchsetzen konnten, hoffen auf die zwölfte WM-Medaille in der Geschichte von Damen-Marathons für ihr Heimatland. Auf Außenseiterchancen auf eine Medaille hoffen auch die Lokalmatadorinnen Ding Chang Qin, He Yin Li und Wang We Qin, die allesamt Bestleistungen deutlich unter 2:30 Stunden aufweisen. Auch Kum Seong Eun aus Südkorea und Kim Hye Song aus Nordkorea gehören zum Kreis der Außenseiterinnen.

Aus europäischer Sicht fehlen die größten Namen: Die 41-jährige Russin Mariya Konovalova war zwar für die WM nominiert, befindet sich aber nicht auf der Startliste. Die anderen europäischen Routiniers, Europameisterin Christelle Daunay aus Frankreich und Valeria Straneo, Vize-Welt- und -Europameisterin, fehlen dagegen ebenso wie die Portugiesen Sara Moreira, die einen Start über 10.000m bevorzugt hatte. Die Spanierin Alessandra Aguilar und die Portugiesin Filomena Costa kämpfen um eine gute Platzierung.

Regen möglich
Für all jene Damen, die im Marathon an den Start gehen und die Strapazen, welche die 42,195 Kilometer durch die chinesische Stadt für die Herren gebracht haben, angstvoll in Erinnerung haben, ist ein Hoffnungsschimmer am Horizont erkennbar. Denn die Wetterprognosen für Sonntagmorgen sind nicht ungünstig: Leichte Regenschauer bei Temperaturen zwischen 23 und 25°C. Das wird zwar die Temperaturen, nicht aber die im Pekinger Sommer hohe Luftfeuchtigkeit in Grenzen halten.

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images