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Matthew Centrowitz war begeistert, als er als junger Läufer vor vier Jahren überraschend WM-Bronze gewann.
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Favoriten und Meisterschafts-Spezialisten im Finale
Ohne überraschende Zwischenfälle in zwei relativ unspektakulären Läufen sind die Halbfinals über 1.500m der Herren über die Bühne gegangen. Die stärksten Läufer schaffen allesamt den Sprung in den Endlauf. Eine starke Leistung auf der letzten Runde und im Schlusssprint ist über 1.500m stets gefragt.
Über kaum eine Distanz ist die Schlussrunde so bedeutend wie im 1.500m-Lauf. Wer Erfolg haben will, muss auf den letzten 400 Metern ordentlich zu legen. Noch bedeutender wird dieser Faktor bei Meisterschaftsrennen, wo im Gegensatz zu Meetings keine Pacemaker für ein hohes Tempo auf den ersten zwei bis drei Runden sorgen. Einer, der diese Meisterschaftsrennen nachweislich sehr gut beherrscht, ist der US-Amerikaner Matthew Centrowitz. Der 25-Jährige hat viel vorzuweisen, allerdings noch keine persönliche Bestleistung von unter 3:30 Minuten – eine Marke, die bei den Weltbesten in diesem Jahr nach jenem Fabellauf von Monaco fast Formsache ist.

Medaillen-Triple?
Elf Läufer sind in diesem Jahr schneller gelaufen als Centrowitz. Im Finalfeld der besten Zwölf haben sieben Läufer eine bessere Bestleistung als er. Trotzdem: Matthew Centrowitz ist aufgrund seiner Fähigkeiten in den entscheidenden Phasen taktisch geprägter Meisterschaftsrennen ein heißer Medaillenkandidat. Das hat er bei den Weltmeisterschaften 2011 als Dritter und bei den Weltmeisterschaften 2013 als Zweiter bewiesen. In Peking, wo Asbel Kiprop seinen WM-Hattrick anstrebt, will Centrowitz seinen Medaillen-Hattrick vollenden. „Da gibt es kein Geheimnis. Du musst dich nur im richtigen Moment in die richtige Position schieben und dann die Attacke zünden,“ spricht er über seine Stärke in der Schlussrunde. Bei den Olympischen Spielen von London, wo Centrowitz als Vierter hauchdünn an einer Medaille vorbeischrammte, erlebte sein Landsmann Leonel Manzano eine Sternstunde, als er nach einer überragenden Schlussrunde zur Silbermedaille stürmte. Während Centrowitz in Peking souverän die Hürden Vorlauf und Halbfinale nahm, musste sich Manzano ordentlich strecken, um sich im Sprint um den alles entscheidenden fünften Platz hauchdünn gegen den Äthiopier Mekonnen Gebremedhin und den bemühten Briten Chris O’Hare durchzusetzen. Am Ende hatte der alte Fuchs aus den USA die Brust im Hundertstel-Kampf knapp vorne – dem starken Schlussspurt geschuldet.

Wie der Vater so der Sohn
Matthew Centrowitz trainiert seit Jahren unter Alberto Salazar im Nike Oregon Project. Der Coach hat die Stärke seines Schützlings sofort erkannt. „Alberto hat gleich zu mir gesagt: ,Lass uns nicht auf Zeiten konzentrieren. Im Wettbewerb mit den anderen bis du stark!’ Und er hatte Recht“, erzählt der Amerikaner, Sohn des gleichnamigen Matt Centrowitz, der 1976 bei den Olympischen Spielen in Montreal über 1.500m teilgenommen hat. Seit London 2012 erinnert ein Tattoo auf Centrowitz jr.s Brust mit der Aufschrift „Like father like son“ an diese Gemeinsamkeit. Matt senior und Matt junior hegen eine enge Beziehung und sprechen viel über den Laufsport. Auch Matthews ältere Schwester Lauren war auf nationaler Ebene als Läuferin aktiv, das Laufen liegt also im Familien-Gen.

Schwierige Vorbereitung
Die Saison 2015 verlief nicht einfach für Matthew Centrowitz. Als die Doping-Anschuldigungen an seinen Coach Alberto Salazar und seinem Kollegen Galen Rupp veröffentlicht wurden, fühlte er laut eigener Aussage Symptome wie bei einer Herzattacke. Seit dem College teilt er sich ein Zimmer mit Rupp und legte für seinen Freund die Hand ins Feuer. Und reagierte in sozialen Netzwerken zynisch auf die mittlerweile entkräftigten Belastungen und stellte fest: „Ich schlucke nur Vitamin C und Eisen!“ Die Zielsetzung für die Weltmeisterschaften in Peking hat er längst klar formuliert: „Ich habe Silber und Bronze. Ich glaube nicht, dass es arrogant ist, mehr zu wollen. Ich bin auf alle Szenarien bestens vorbereitet.“ Die Rahmenbedingungen hat Centrowitz geschaffen, er steht nämlich im WM-Feld.

Kenianer ohne Fehl und Tadel
In einem außergewöhnlich starken Finalfeld trifft Centrowitz auf gleich vier Kenianer. Asbel Kiprop kontrollierte den ersten Halbfinallauf, in dem auch Centrowitz lief, nach Belieben und siegte vor Nick Willis, auch so ein verdammt endschneller Mann, der die Lunte gerochen hat, und Silas Kiplagat, der erneut auf der Innenbahn in die Lücke sprintete. In Halbfinale Nummer zwei schafften Elijah Manangoi und Timothy Cheruiyot gemeinsam mit den Medaillenkandidaten Taoufik Makhloufi und Abdelaati Iguider den Durchmarsch ins Finale. Die Liste der Medaillenkandidaten ist nicht nur namhaft, sondern umfangreich. Eine ganz besondere Stellung nimmt übrigens der Brite Charlie Grice ein. Nach einem tollen Auftritt im Halbfinale ist er der einzige Europäer, der den Cut geschafft hat und am Sonntagabend die Ehre hat, im Finale zu laufen.

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2015 in Peking
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images