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Der entscheidende Moment: Gesa Felicitas Krause (l.) holt noch einmal alles aus sich heraus und gewinnt die Bronzemedaille. Die Kenianerin Hyvin Kiyeng (l.) feiert ihren Sieg vor Habiba Ghribi.
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Gesa Felicitas Krause holt sensationelle Bronzemedaille
Gesa Felicias Krause hat bei den Weltmeisterschaften in Peking eine faustdicke Überraschung geliefert und eine historische Medaille gewonnen. Die Deutsche musste sich im Finale über 3.000m mit Hindernissen nur der siegreichen Kenianerin Hyvin Kiyeng und der Tunesierin Habiba Ghribi geschlagen geben. Damit beendete Krause eine lange Serie fehlender Medaillengewinne des DLV im Laufbereich.
Allein diese Schlagzeile ist bereits eine Sensation für den deutschen Leichtathletik-Verband, der im Bereich des Mittel- und Langstreckenlaufs in den letzten Jahren und Jahrzehnten nun wirklich nicht glänzen konnte. Dabei wäre es um ein Haar sogar noch besser gekommen. Denn das Ende eines perfekten Rennes von Gesa Felicitas Krause war in der Tat sehenswert. Als Vierte erreichte die 23-Jährige, die bis dato stets im Schutz des Feldes gelaufen war, den letzten Wassergraben, über den sie technisch makellos drübersegelte und sich plötzlich die Innenbahn öffnete. Die Deutsche stach durch und weil diagonal vor ihr die Tunesierin Habiba Ghribi sich fürchterlich über das letzte Hindernis quälte, lag die technisch versiertere Gesa Felicitas Krause wenige Augenblicke vor der Ziellinie sogar in Führung.

Historische Medaille
Bis zur ominösen weißen Linie war jedoch noch genügend Platz, Fehler zu korrigieren und Ghribi zündete noch einmal den Turbo, der noch ihre dritte Silbermedaille nach den Weltmeisterschaften 2011 von Daegu und den Olympischen Spielen von London absicherte. Das mit Abstand beste Finish hatte jedoch die Kenianerin Hyvin Kiyeng, die aus dem Hinterhalt vorbeisauste und das Rennen in einer Zeit von 9:19,11 Minuten gewann. Nur einen Wimpernschlag von 0,01 Sekunden hinter Ghribi stürmte Gesa Felicitas Krause in einer neuen persönlichen Bestleistung von 9:19,25 Minuten mit letzter Kraft über die Ziellinie und wurde von wahren Sturzbächen an Freudentränen übermannt. So sehr konnte sie sich wirklich nicht auf diesen Erfolg vorbereiten, als dass jetzt die Emotionen nicht Überhand bekommen konnten.

Historisches Edelmetall
Diese Bronzemedaille ist eine historische. Es ist die erste bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften für den DLV im 3.000m-Hindernislauf der Damen und nach der spanischen Weltmeisterin von 2009 Marta Dominguez die zweite für ein europäisches Land, wenn man die lange Zeit überlegenen Russinnen ausklammert. Die letzte WM-Medaille für Deutschland in dieser Disziplin geht auf das Jahr 1987 zurück, als Hagen Melzer aus der DDR Silber in Rom gewann. Und wie selten Erfolge für den DLV im Laufbereich sind und wie hoch auch deshalb die Leistung von Gesa Felicitas Krause einzuordnen ist, zeigt ein detaillierter Blick in die Statistik. Seit der Wiedervereinigung Deutschlands vor 25 Jahren holte der DLV bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spiele bei den Damen keine Medaille mehr in den Laufdisziplinen, bei den Herren immerhin drei mit den Olympiasiegen von Nils Schumann über 800m in Sydney und Dieter Baumann über 5.000m in Barcelona sowie der WM-Bronzemedaille von Hauke Fuhlbrügge bei den Weltmeisterschaften von Tokio über 1.500m.

Erfolgsgeheimnis Höhentraining
„Es war ein harter Kampf. Das sind die Momente, von denen man träumt, wenn man sich im Training quält. Ich habe in den letzten Wochen wirklich hart gearbeitet und bin hierher gekommen und wollte um eine Medaille kämpfen. Das sind Momente, die kann man sich für kein Geld der Welt kaufen“, war die Deutsche nach ihrer Heldentat im „Vogelnest“ von Peking wie gelöst und ließ ihren Emotionen freien Lauf. Dieser Erfolg, den wenige erwartet hatten, der aber spätestens durch den starken Auftritt im Vorlauf im Bereich des Möglichen schien, ist das Produkt harter Arbeit. Alleine während der laufenden Saison weilte die aus Hessen stammende, dreimalige WM-Finalistin fünfmal im Höhentrainingslager. Zuletzt absolvierte sie in Davos mitten in den Graubündner Alpen die finalen Vorbereitungen auf die Weltmeisterschaften von Peking. Und dieser Weg hat sich ausgezahlt. Peu è peu hat sich Gesa Felicitas Krause in den vergangenen Jahren gesteigert und besonders in dieser Saison ein neues Level erreicht, welches sie auf europäischer Ebene in eine Sonderstellung hievte. Bei den kontinentalen Wettkämpfen im vorigen Sommer in Zürich war mit Rang fünf der große Paukenschlag noch ausgeblieben, als sie ausgerechnet im Schatten ihrer Landsfrau Antje Möldner-Schmidt gestanden hatte, dafür ertönte jener aus Peking mindestens dreimal so laut.

Ein Rennen, wie für Krause gemalt
Bei all dem verdienten Lob für die Deutsche, die wirklich ein außergewöhnliches Rennen zeigte, darf man nicht vergessen, dass der Rennverlauf auch ideal für sie lief. Denn niemand der stärker einzuschätzenden Konkurrentinnen, von denen es auf dem Papier mindestens ein halbes Dutzend gab, sah sich für die Gestaltung eines flotten Rennens zuständig. Und so gab man Krause die Möglichkeit, in der Schlussrunde noch im Geschäft zu sein und ihre Chance am Schopfe zu packen. Aber so sind halt Meisterschaftsrennen häufig und auch diese Art von Läufe gehört beherrscht.

Zaghafte Angriffe
Es war die Inderin Lalita Shivaji Babar, am Ende starke Achte, die zwei Tage nach ihrem indischen Landesrekord im Vorlauf lange für Aufsehen sorgte, als sie das Tempo anzog und rundenlang mit einem Vorsprung von rund drei Sekunden auf das Feld als Solistin agierte, ohne dabei ein schwindelerregendes Tempo anzuschlagen. Erst zu Beginn der vorletzten Runde ging ein Ruck durchs Feld, als Emma Coburn, die stärkste der erstmals zu dritt in einem WM-Finale vertretenen US-Amerikanerin, erst das Feld heranführte, und dann das Kommando übernahm. Man kann ihr den Versuch nicht absprechen, doch für den Kampf um eine Medaille fehlte der hoch aufgeschossenen und hellblonden 24-Jährigen aus Colorado an diesem Tag einiges. Ihr fünfter Rang reihte sich nahtlos in die mittlerweile zahlreichen verpassten Medaillenchancen der so angepriesenen Laufsport-Abteilung der US-Leichtathletik ein.

Entscheidung in der Schlussrunde
Habiba Ghribi, die in einer leichten Favoritenrolle auf den WM-Triumph steckte, attackierte eingangs der letzten Runde. Doch irgendwie fehlte auch dieser Tempoverschärfung die nötige Explosivität. Während der erfahrene Tunesierin mit Hängen und Würgen noch die Silbermedaille rettete, spielten Gesa Felicitas Krause und in erster Linie die endschnelle Hyvin Kiyeng auf den letzten Metern die Hauptrollen. Im Alter von 23 Jahren ist die Kenianerin bereits am vorläufigen Ziel ihrer Träume und krönte die erste starke Wettkampfsaison ihres Lebens mit WM-Gold. „Dieses unerwartete Ergebnis wird mein Leben verändern“, ist sich die Siegerin lächelnd bewusst. Bisher hat in jedem WM-Rennen in dieser Disziplin mindestens eine Kenianerin eine Medaille geholt, Peking 2015 brachte den zweiten Titel in Serie. Und den bereits sechsten WM-Titel der in der chinesischen Hauptstadt alles dominierenden Leichtathletik-Nation, nachdem kurz zuvor Julius Yego die Speerwurf-Welt mit einer ideal abgefeuerten Rakete erschütterte.


3.000m-Hindernislauf der Damen, Endergebnis

Gold: Hyvin Kiyeng (Kenia) 9:19,11 Minuten
Silber: Habiba Ghribi (Tunesien) 9:19,24 Minuten
Bronze: Gesa Felicitas Krause (Deutschland) 9:19,25 Minuten

4. Sofia Assefa (Äthiopien) 9:20,01 Minuten
5. Emma Coburn (USA) 9:21,78 Minuten
6. Hiwot Ayalew (Äthiopien) 9:24,27 Minuten
7. Virginia Nyambura (Kenia) 9:26,21 Minuten
8. Lalita Shivaji Babar (Indien) 9:29,64 Minuten
9. Stephanie Garcia (USA) 9:31,06 Minuten
10. Salima Elouali Alami (Marokko) 9:32,15 Minuten
11. Ruth Jebet (Bahrain) 9:33,41 Minuten
12. Colleen Quigley (USA) 9:34,29 Minuten
13. Özdem Kaya (Türkei) 9:34,66 Minuten
14. Fawda Sidi Madane (Marokko) 9:41,45 Minuten
15. Rosefline Chepngetich (Kenia) 9:46,08 Minuten

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2015 in Peking 
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images for IAAF