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Aufgereiht wie eine Perlenkette: Das Feld im ersten Vorlauf über 5.000m
NEWS
Favoriten geben sich in Vorläufen über 800 und 5000m keine Blöße
Mit viel Schwung gehen die 800m-Läuferinnen in ihre Vorläufe. Während die US-Amerikanerinnen bluten, legen die Medaillenkandidatinnen souveränene Auftritte hin und ex-Weltmeisterin Caster Semenya meldet sich mit einem starken Lauf zurück. Über 5.000m schafft Mo Farah mit einem kontrollierten Lauf den Sprung ins Finale, das auch seine größten Rivalen erreichen.
Die 800m-Vorläufe der Damen begannen mit einem Paukenschlag: Die Inderin Tintu Lukka sah ihre Chance in einem schnellen Lauf und führte das Feld mit einer Durchgangszeit von 57,06 Minuten in die letzte der beiden Runden. Dort sahen die Leichtathletik-Fans im Pekinger „Vogelnest“ ein Spiegelbild des Finallaufs der Europameisterschaften von Zürich: Europameisterin Marina Arzamasova setzte sich rund 150 Meter vor dem Ziel an die Spitze und gewann den Lauf in einer Zeit von 1:58,69 Minuten. Das ist die neuntschnellste Zeit des Jahres – in einem WM-Vorlauf ohne Pacemakerin wohl gemerkt! Hinter der Weißrussin platzierte sich Vize-Europameisterin Lysney Sharp, die ebenfalls unter 1:59 Minuten blieb und somit untermalte, dass ihre Formkurve weiter nach oben zeigt.

Semenya ist wieder da
Das größte Fragezeichen vor dem WM-Auftakt für die Meisterinnen der zweiten Stadionrunde war jenes hinter der Form von Caster Semenya, die mit einer Bestleistung von 2:00,72 Minuten ins Rennen ging. Die Antwort ist eine eindeutige, die Südafrikanerin ist wieder auf dem Weg nach oben. Zwar schien sich die umstrittene Weltmeisterin von Berlin zunächst auf der Gegengeraden etwas vom hohen Tempo überrascht, doch mit einem starken Finale machte sie den Rückstand wett und belegte in einer Zeit von 1:59,59 Minuten Rang drei. Es war der erste Lauf Semenyas unter zwei Minuten seit fast zwei Jahren. Unglaublich, aber wahr: Eine Zeit von 1:59,62 Minuten reichte für Natalia Lupu nicht für die direkte Halbfinalqualifikation, aber dank der Zeitregel war für sie keineswegs Zittern angesagt. Ebenso wenig für die Deutsche Christina Hering, die in einer guten Zeit von 2:00,36 Minuten Rang fünf belegte und ebenfalls im Halbfinale steht. Die ersten vier dieses Laufs erzielten allesamt Saisonbestleistungen.

US-Amerikanerinnen straucheln
Für die erste Überraschung des Tages sorgte die US-Amerikanerin Molly Ludlow, die in diesem fantastischen, ersten Vorlauf nur Sechste wurde. Die 28-Jährige kam mit einem blauen Auge davon, dass ihre Marke von 2:00,70 gerade noch reichte, um ex aequo mit Jennifer Meadows als Letzte doch noch ins Halbfinale zu rutschen. Doch die schwache Leistung Ludlows passte in die Reihe von US-amerikanischen Leistungen unterhalb der Erwartungen bei dieser WM und ihren Kolleginnen erging es nicht besser. Mit Müh und Not rettete sich Brenda Martinez, Bronzemedaillengewinnerin von Moskau, in ihrem Vorlauf sichtlich kämpfend auf den dritten Platz und verwies um die Winzigkeit von 0,08 Sekunden die Neuseeländerin Angie Petty, Siegerin der Universiade, auf den vierten Platz. Auch Petty steht über die Zeitregel im Finale. Nur wenige Minuten später folgte dann der Super GAU. US-Meisterin Alysia Milano trat ihrer britischen Konkurrentin Shelayna Oskan-Clarke im Getümmel auf die Hacken und kam spektakulär zu Sturz – WM-Aus. Montano hatte bei den letzten beiden US-Trials für Furore gesorgt. 2014, als sie in der 43. Schwangerschaftswoche noch aus Spaß an den US-Meisterschaften in Sacramento teilnahm und das Rennen nach rund zweieinhalb Minuten beendete. Heuer bei ihrem Comeback nach der kurzen Babypause, weil sie sich prompt wieder den Titel sicherte und damit nur drei Tage nach dem ersten Geburtstag ihrer Tochter Linnea den Flieger Richtung Weltmeisterschaften in China bestieg.

Kohlmann und Büchel souverän
Außer den US-Amerikanerinnen hatten keine Favoritinnen Schwierigkeiten. Eunice Sum gewann Vorlauf Nummer zwei in 1:59,67 Minuten, eine von sieben Zeiten unter zwei Minuten und 19 unter 2:01, vor der überraschend starken Ukrainerin Olga Lyakhova und Sifan Hassan, Renelle Lamote ging über die Zeit eine Runde weiter. Im vierten Vorlauf musste Rose Mary Almanza hart kämpfen, schaffte aber in einem engen Endkampf als Zweite hinter der Polin Sofia Ennaoui den Aufstieg. Vom Sturz Montanos in ihrem Rücken nicht beirren ließ sich die deutsche Hoffnung Fabienne Kohlmann im fünften Vorlauf, in dem sie sich in 2:01,42 Minuten klar vor Joanna Jozwick und Oskan-Clarke durchsetzte. „Ich fühle mich gut und war noch nicht komplett am Limit“, lautete die Kampfansage der 25-Jährigen. Und die Schweizerin Selina Büchel ließ im sechsten und letzten Vorlauf im Finale der Kanadierin Melissa Bishop den Vortritt, qualifizierte sich aber wie auch die Marokkanerin Malika Akkaoui, die wie Hassan gestern noch im 1.500m-Finale gestanden hatte, für das morgige Halbfinale. „Ich bin froh, dass ich im Halbfinale stehe. Aber es war kein idealer Lauf. Morgen muss ich mich taktisch steigern, denn auf diese Weise komme ich wohl kaum ins Finale“, war die Schweizerin nach ihrem Auftritt selbstkritisch. Nicht mehr dabei ist dagegen die junge Isländerin Anita Hinriksdottir trotz einer guten Leistung von 2:01,01 Minuten.

Ex-Weltmeisterin verabschiedet sich von der WM-Bühne
Es ist gewiss unglücklich gelaufen, aber Janeth Jepkosgei hatte das Stehvermögen im Schlusssprint nicht mehr und musste auf der Innenbahn bis kurz vor Schluss noch auf Rang zwei liegend im letzten Atemzug Rose Mary Almanza und die Slowakin Lucia Klocova passieren lassen. Rang vier bedeutete das Aus und damit den endgültigen Abschied von der WM-Bühne der großen Kenianerin, die nach den Olympischen Spielen im kommenden Jahr ihr Karriereende geplant hat. Vor acht Jahren gewann sie in einer furiosen Leistung von 1:56,04 Minuten die WM-Goldmedaille in Osaka, es folgte absteigend eine Silberne in Berlin und eine Bronzene in Daegu. Doch der Glanz ist just an jenem Ort, an dem sie sich vor sieben Jahren nur der damals unmenschlich laufenden Landsfrau Pamela Jelimo geschlagen geben musste (Siegerzeit für die damals 18-jährige, 1:54,87 Minuten, Anm.) doch deutlich verblasst. Damals, 2008 traf Janeth Jepkosgei übrigens auch die vielleicht wichtigste Entscheidung zu Gunsten der kenianischen Nachhaltigkeit auf ihrer Paradedisziplin. Sie nahm die junge Eunice Sum unter ihre Fittiche, die seit zwei Jahren die Szene dominiert und 2015 noch kein Rennen verloren hat.


Farah, Kejelcha und Ndiku im Finale
Mo Farah war vier Tage nach seinem WM-Titel über 10.000m sicherlich nicht begeistert, als er sah, welch flottes Tempo erst Isiah Koech, dann sein Trainingskollege Galen Rupp und schließlich der australische Außenseiter Collis Birmingham anschlugen. Spätestens da wurde klar, dass dieser Arbeitstag nicht ganz gemütlich über die Bühne gehen sollte, doch der britische Titelverteidiger war bereit. „Ich habe mich gut erholt und bin aufgeregt, wenn ich auf das Finale blicke“, erklärte er mit einem Lächeln. Beinahe hätte es die sportliche Katastrophe und einen ausscheidenden Farah zu sehen gegeben. Denn in der letzten Kurve kam Farah ins Straucheln und wäre beinahe hingefallen, rettete sich aber – die Parallele zum Finale über 10.000m ist unverkennbar. „Irgendwer hat mein Bein touchiert und ich hätte beinahe die Balance verloren. So etwas kann immer mal passieren“, beschwichtigte der Star im TV-Interview bei Eurosport.

Aus dem ersten Schlagabtausch zwischen Farah und seinen vermutlich härtesten Widersachern Caleb Ndiku und Yomif Kejelcha, die alle im selben Lauf antreten mussten, konnte man nur schwerlich etwas hervor lesen. Jedenfalls gewährte Farah in einem beidseitigen Sprint mit maximal 80% dem jungen Äthiopier den Vorlaufsieg, Caleb Ndiku platzierte sich auf Rang vier. Eine Achterbahn der Gefühle musste der Kanadier Mohammed Ahmed besteigen, der erst überraschender Dritter wurde, dann aufgrund einer heftigen Kollision mit dem Chinesen Duo Bujie disqualifiziert und anschließend nach einem Gegenprotest rehabilitiert wurde und somit im Finale steht wie auch der fünftplatzierte Albert Rop.

Starker Auftritt von Richard Ringer
Grund zu Freude nach dem Vorlauf hatte auch der Deutsche Richard Ringer, der sein zurechtgelegtes Konzept hervorragend umsetzte und sich dank des schnellen Vorlaufs als Siebter sicher über die Zeitregel für das Finale qualifizieren konnte. Der 26-Jährige hielt sich das gesamte Rennen über am Ende der ersten Gruppe auf und ließ bei keinem der Beschleunigungen an der Spitze den Kontakt abreißen. Zum Schluss holte er alles aus sich heraus und erzielte eine beachtliche Zeit von 13:19,84 Minuten. Den Umweg über die Zeitregel nahm Ringer übrigens gemeinsam mit namhafter Konkurrenten: den US-Amerikanern Galen Rupp und Ryan Hill, dem Kenianer Isiah Koech und dem aus Kenia eingebürgerten Türken Ali Kaya.

Im deutlich leichteren und langsameren ersten Vorlauf setzten sich der Äthiopier Hagos Gebrhiwet (1:45,00 Minuten), der US-Amerikaner Ben True, der Kenianer Edwin Soi, der Brite Tom Farrell und der Äthiopier Imane Merga durch. Etwas überraschend hängen blieb der Kanadier Cameron Levins, der die Form vor den Weltmeisterschaften komplett verloren hat. Mit Rang 14 hatte er bereits über 10.000m enttäuscht.

IAAF Leichtathletik-Weltmeisterschafen 2015 in Peking
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images for IAAF