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Zwei der großen Herausforderer der Kenianer und Äthiopier sind Teklemariam Medhin und Timothy Toroitich, die bereits vor zwei Jahren dem späteren Weltmeister Japhet Korir (hier rechts im Bild) das Leben schwer machten.
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Ostafrikanische Festspiele in chinesischer Hochebene
Am Samstag finden im chinesischen Guiyang die Crosslauf-Weltmeisterschaften statt. Mit großen Ambitionen reisen die Nationalteams aus Ostafrika an. Sie haben den Crosslauf in den letzten Jahren quasi nach Belieben dominiert, nichts anderes ist auch für die heurige Auflage zu erwarten.
Der Leichtathletik Weltverband IAAF hat sich einen exotischen Austragungsort für die Crosslauf-Weltmeisterschaften 2015 einfallen lassen. Interessanterweise richtet derselbe Verband die heurigen Crosslauf-Weltmeisterschaften und die Leichtathletik-Weltmeisterschaften aus, nämlich der chinesische. Auch wenn ein und dieselbe Nation, zwischen Peking im Norden Chinas und Guiyang, der Hauptstadt der Provinz Guizhou im Südwesten Chinas, liegen 1.730 Kilometer Luftlinie – und damit Welten. Guiyang, ein Millionenstadt, welche für chinesische Verhältnisse über das Attribut Kleinstadt nicht hinauskommt, liegt umringt von Bergen auf einer Hochebene und hat den Spitznamen „Wald-Stadt“, ein Hinweis auf die grüne Umgebung der Stadt, welche bei guter Sicht auch zu genießen ist. Dass Guiyang weder eine Leichtathletik- noch Crosslauf-Hochburg ist, ist allen klar.

Kenia gegen Äthiopien – das Traditionsduell
Dennoch: Am Samstag geht es um Gold, Silber und Bronze auf Weltniveau und die besten Crossläufer der Welt rüsten sich, um in bester Verfassung zu großem sportlichen Ruhm zu kommen. Im Vordergrund platzieren sich traditionell die Ostafrikaner, das klassische Prestigeduell Kenia gegen Äthiopien wird sicherlich auch heuer ein Highlight. Einzig Zersenay Tadesse aus Eritrea ist es in den vergangenen elf Austragungen gelungen, als alleine Kenenisa Bekele sechsmal gewann, die kenianisch-äthiopische Dominanz zu brechen. Bei den Damen gewann mit der für die Niederlande startende Kenianerin Lornah Kiplagat 2007 zuletzt nicht ein Mitglied des kenianischen oder äthiopischen Verband.

Titelverteidiger nicht in bester Form
Die erste große Überraschung der Crosslauf-Weltmeisterschaften 2015 hatte es bereits im Auswahlverfahren des kenianischen Verbandes gegeben. Titelverteidiger Japhet Korir, der heuer überhaupt nicht in Tritt kam, fiel durch das Qualifikationsraster, bekam aber eine Wildcard und steht im Aufgebot. Die kenianischen Hoffnungen tragen aber insbesondere Halbmarathon-Weltmeister Geoffrey Kamworor und Bedan Karoki. Auch Leonard Barsoton, Vize-Weltmeister bei den Junioren 2013, und Phillip Langat haben in diesem Winter wichtige internationale Wettkämpfe für sich entscheiden können und kommen mit fiel Selbstvertrauen nach China. „Die Erwartungen an uns sind klar: Wir müssen unsere Nation so repräsentieren, dass Kenia stolz auf uns ist“, machte Kamworor vor der Abreise in Nairobi deutlich. „Es wird nicht leicht, aber ein fantastischer Fight“, ergänzte Karoki. Karoki und Barsoton leben und trainieren in Japan und haben deshalb vielleicht einen leichten Akklimatisierungsvorteil gegenüber ihren Landsleuten.

Das äthiopische Aufgebot wird angeführt vom starken Halbmarathonläufer Atsedu Tsegay. Doch auch Muktar Edris und Hagos Gebrhiwet zählen ebenso zu den Medaillenkandidaten wie Tamirat Tola, amtierender äthiopischer Meister im Crosslauf.

Medhin in der Rolle des Herausforderers
Auch wenn traditionell die stärksten Crossläufer aus Kenia und Äthiopien kommen, dass einer dieser beiden Verbände die Einzelgoldmedaille gewinnt, ist nicht gesichert. Mit dem Eritreer Teklemariam Medhin, bereits zweifacher WM-Medaillengewinner, stammt der erfolgreichste Crossläufer dieser Saison nicht aus einem der Kader der beiden namhaftesten Verbände. Dem 25-Jährigen fehlt in seiner Sammlung lediglich eine Crosslauf-WM-Goldmedaille. Traditionell ein starker Bewerber für Podestplätze sind auch die Läufer aus Uganda. Timothy Toroitich, zweifacher Saisonsieger im Rahmen einer Crosslauf-Serie in Spanien, Geofrey Kusuro und Moses Kipsiro stehen an der Spitze eines starken Teams, welches auch in der Teamwertung absolut berechtigte Hoffnungen auf den ganz großen Coup hegt.

Interessant ist, dass auch Marathonläufer den Crosslauf nicht meiden: Stephen Mokoka, Sieger des Shanghai Marathon im vergangenen Jahr, steht im Aufgebot Südafrikas. Europa wartet übrigens seit 14 Jahren auf Edelmetall bei Crosslauf-Weltmeisterschaften, der frisch gebackene Europameister Polat Kemboi Arikan aus der Türkei ist wohl der einzige, dem eine derartige Sensation rein theoretisch zuzutrauen wäre, er ist aber krasser Außenseiter. Besser stehen da die Chancen auf eine US-Überraschung durch Chris Derrick, Zehnter der letzten Crosslauf-WM. Gelingt die Sensation, wäre er der erste US-amerikanische Medaillengewinner bei Crosslauf-Weltmeisterschaften seit Alberto Salazar 1982!

Wie die Herren so die Damen
Was auf das kenianische Team der Herren zutrifft, gilt auch für die Damen: Titelverteidigerin Emily Chebet ist nur im Aufgebot, weil sie von einer Wildcard von ihrem Heimatverband profitiert. Auch ihre Verfassung im Winter lässt die Hoffnungen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung drastisch schrumpfen. „Ich hatte Probleme bei den Rennen in Europa und bei den Trials litt ich unter einer Allergie“, lautet die Erklärung der 29-Jährigen. Nach einem harten Auswahlverfahren bei den Kenya Trials, welches mit einigen Überraschungen über die Bühne ging, ist ein äußerst junges und hungriges kenianisches Team in Guiyang am Start. Die besten Chancen auf eine Medaille hat wohl Janet Kisa, aber auch die anderen Kenianerinnen um Agnes Tirop, vor zwei Jahren Vize-Weltmeisterin der Juniorinnen, sind nicht zu unterschätzen. Nicht dabei ist die kenianische Meisterin Faith Kipyegon aufgrund einer Zehenverletzung. „Trotzdem schicken wir ein bärenstarkes Team nach Guiyang“, ist Isaiah Kiplagat, Präsident von Athletics Kenya, überzeugt.

14. Mal Crosslauf-WM
In Abwesenheit der großen Crosslauf-Stars früherer Tage wie Tirunesh Dibaba hofft Äthiopien auf einen WM-Titel durch Belaynesh Oljira, Senbere Teferi oder die erfahrene Mamitu Daska. Aus einer Außenseiterrolle agieren die restlichen Starterinnen, unter denen sich auch Europameisterin Gemma Steel Hoffnungen auf eine vordere Platzierung machten darf ebenso wie Japans Talent Mai Shoji. Eine beachtenswerte Medaillenkandidatin kommt aus Uganda, Juliet Chekwel. Eine spannende Geschichte erzählt die 40-jährige Spanierin Jacqueline Martin, die zum – sage und schreibe – 14. Mal an Crosslauf-Weltmeisterschaften teilnehmen wird. Interessant wird die Rolle, welche das relativ unbekannte chinesische Team um Ding Changqin, die ein echtes Heimspiel bestreitet, spielen wird, welches von keinem geringeren als Starcoach Renato Canova auf diesen Saisonhöhepukt vorbereitet wurde, und im Vorfeld von keinem unterschätzt wird.

Stars von morgen
Spannende Entscheidungen werden auch in den Rennen der Junioren und Juniorinnen erwartet. Favorisiert sind bei den Burschen Joshua Cheptegei aus Uganda, Yihunilign Adane aus Äthiopien und Dominic Kiptarus aus Kenia, ein großes Talent über 3.000m Hindernis. Junioren-Europameister Yemaneberhan Crippa aus Italien misst sich mit den starken Läufern aus Ostafika. Bei den Juniorinnen sind in Abwesenheit des kenianischen Supertalents Sheila Chepngetich ihre Landsfrau Rosefline Chepngetich, Azusa Sumi aus Japan und Ruth Jebet, eine für den Bahrain laufende Kenianerin, die bekanntesten Namen.

Crosslauf-WM 2015 in Guiyang
Text: SIP / TK
Foto: Getty Images