Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt! So war die Außendarstellung der ersten beiden Marathons in der Karriere eines der besten Langstreckenläufers aller Zeiten: Kenenisa Bekele. Dabei lagen gerade einmal 47 Sekunden zwischen beiden Leistungen und nur ein Läufer, nämlich Eliud Kipchoge lief beide Marathons im vergangenen Jahr auf einem höheren Niveau als Bekele. Trotzdem bekam man im Herbst 2014, der standesgemäß mit einem Weltrekord in Berlin begann, den Eindruck, als hätte Kenenisa Bekele enttäuscht. Und es entstand der Eindruck, als müsse er die Scharte des Chicago Marathon auswetzen. Der Äthiopier selbst tat nicht wirklich viel, um diese Perspektive zu ändern. Vielleicht entschied er sich deswegen, seinen nächsten Marathon auf der pfeilschnellen Strecke von Dubai zu laufen, zu einem allerdings unüblich frühen Termin. Vielleicht aber möchte Bekele eine lange Vorbereitungszeit auf die Weltmeisterschaften in Peking garantieren. Auf jeden Fall steigt Kenenisa Bekele ein weiteres Mal in die Fußstapfen seines großen Vorbilds Haile Gebrselassie.

Zeitenjagd der Äthiopier in Dubai
Es gibt nicht viele Orte, die sich besser eignen für einen schnellen Marathon als die langweilige, aber brettebene Strecke in Dubai. Und das weiß niemand besser als die Äthiopier. 2014 lief Tsegaye Mekkonen als 18-Jähriger in einer Zeit von 2:04:32 Stunden zum Triumph beim Debüt, 2013 blieben sensationell gleich fünf Läufer unter 2:05 Stunden (äthiopischer Vierfachsieg) und das Jahr davor beim äthiopischen Dreifachsieg waren es immerhin vier Läufer. Ideale Ausgangsposition also für Kenenisa Bekele um den nächsten Schritt zu machen. „Ich weiß, dass die flache Strecke in Dubai schnelle Zeiten produziert. Hoffentlich kann ich genau das realisieren“, so Bekele.

Der nächste Schritt lautete übrigens Verbesserung der eigenen persönlichen Bestleistung von 2:05:04 Stunden und damit der Aufstieg in den elitären U-2:05-Klub. Der übernächste Schritt wäre die Attacke auf den Streckenrekord von Ayele Abshero (2:04:23 Stunden) und der dritte Schritt die Attacke auf den äthiopischen Landesrekord von Haile Gebrselassie von 2:03:59 Stunden. „Genau wie Haile ist Bekele ins Marathongeschäft eingestiegen, weil er ansonsten bereits alles gewonnen hat. Wir sind stolz, dass er der Meinung ist, Dubai ist der richtige Platz, um ein weiteres Kapitel seiner großartigen Karriere zu verfassen“, freut sich Renndirektor Peter Connerton. Bekeles Vorgänger Haile Gebrselassie bestritt übrigens im Zeitraum von 2008 bis 2010 dreimal den Dubai Marathon, um ihn dreimal zu gewinnen.

Neuer Impuls
Neuigkeiten gibt es von Kenenisa Bekele nicht nur, was sein Wettkampfprogramm betrifft. Seit dem Chicago Marathon, den er in einer Zeit von 2:05:51 Stunden als Vierter beendete, was als Enttäuschung dargestellt wurde und Bekele auch so empfand, coacht ihn ein neuer Trainer, der auch die Vorbereitung auf den Dubai Marathon verantwortet – und es ist kein unbekannter: Der Italiener Renato Canova weilt in Addis Abeba und zieht nun die Fäden im Hintergrund des äthiopischen Stars. „Kenenisa wusste, was zu tun war, als er noch auf der Bahn gelaufen ist. Deswegen hat er sich selbst trainiert. Aber für Chicago war er nicht gut vorbereitet, deswegen die Entscheidung, mit Canova zusammen zu arbeiten“, erklärt Bekeles Agent Jos Hermens, der diese Zusammenarbeit wohl eingefädelt hat. Der Belgier kündigt Großes an: „Auch Haile Gebrselassie und Paul Tergat brauchten einige Rennen, um Weltrekord zu laufen.“ Zur Erinnerung: Dubai wird Bekeles erst dritter Marathon und die beiden bisherigen absolvierte er in einer Zeit von unter 2:06 Stunden.

Dubai Marathon