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Dennis Kimetto wurde von der AIMS mit dem Award für den besten Marathonläufer des Jahres ausgezeichnet. Seit Berlin ist er der Chef im Ring, aber die Konkurrenz um Wilson Kipsang hat bereits eine Attacke auf den neuen Weltrekord angekündigt.
NEWS
Dennis Kimetto und die neue Marathon-Zeitrechnung
Der Marathon-Herbst 2014 stand ganz im Zeichen des herausragenden Weltrekordlaufs von Dennis Kimetto beim Berlin Marathon. Auch die anderen großen Stars der Szene feierten wichtige Siege. Bei den Damen überwiegt eine negative Schlagzeile.
Als Dennis Kimetto in Berlin die letzten Meter Richtung Ziellinie spurtete, war eine neue Zeitrechnung im Marathonlauf eröffnet. Als erster Mensch der Welt absolvierte der 30-jährige Wunderläufer aus Kenia die 42,195 Kilometer unter 2:03 Stunden und schraubte den Weltrekord auf eine Marke von 2:02:57 Stunden. War vor Jahren eine derartige Zeit noch unvorstellbar, diskutierten zahlreiche Experten nach dem Berlin Marathon nicht mehr darüber, ob die Zwei-Stunden-Marke jemals fallen könnte, sondern viel mehr wann. Haile Gebrselassie beispielsweise terminiert dieses historische Ereignis nur rund zehn Jahre in die Zukunft. Dagegen ist sein Landsmann Kenenisa Bekele einer der wenigen, der einen Marathon unter zwei Stunden für nicht Menschen-möglich hält.

Schnell, schneller, superschnell
Abseits dieser Diskussionen war die Leistung Kimettos in Berlin einfach nur fabelhaft. Gemeinsam mit seinem Landsmann Emmanuel Mutai, der, obwohl er weder gewann noch Weltrekord lief, ebenso einen Sahnetag erwischte, nutzte Kimetto die überragenden Bedingungen und die pfeilschnelle Strecke in der deutschen Bundeshauptstadt ideal aus. Von den Pacemakern optimal in Position gebracht, wurden Mutai und Kimetto besonders zwischen Kilometer 30 und Kilometer 35 immer schneller und schneller.

Dabei hätte nicht viel gefehlt und diese Sternstunde wäre im Verborgenen geblieben. Hätte Geoffrey Mutai den Farmer Dennis Kimetto während eines Trainingslaufs nicht zufällig entdeckt, als dieser im Sauseschritt in die Stadt eilen wollte, wäre aus ihm wahrscheinlich nie ein international erfolgreicher Läufer geworden. Binnen 19 Monaten hat Kimetto in Tokio, Chicago und Berlin gewonnen und einen neuen Weltrekord aufgestellt – nicht schlecht für einen Spätzünder!

Der ewige Zweite
Es ist die Krux der Sportberichterstattung, dass häufig der Glanz der Scheinwerfer nur auf die Sieger leuchtet. Insbesondere, wenn dieser auch noch einen historischen Weltrekord gelaufen ist. Dabei hätte Emmanuel Mutai in Berlin sicherlich mehr Anerkennung verdient, denn in einer Zeit von 2:03:13 Stunden war er ebenfalls unter dem alten Weltrekord von Wilson Kipsang geblieben. Doch das fehlende Glück in den entscheidenden Momenten zieht sich wie ein roter Faden durch die Karriere des 30-jährigen Kenianers, der seit Jahren zur Elite im Marathon gehört. Bei den Weltmeisterschaften 2009, beim London Marathon 2010 und 2013, beim New York City Marathon 2010 und 2011, beim Chicago Marathon 2013 und beim Berlin Marathon 2014 belegte er jeweils den zweiten Platz, der leider oft als Position des „ersten Verlierers“ angesehen wird. Immerhin einen ganz großen Erfolg konnte auch der nur 1,62m große Mutai verbuchen – beim London Marathon 2011.

Kenianer dominieren
Der Marathon-Herbst 2014 brachte große Triumphe für die großen kenianischen Läufer, die in ihrer Heimat wie Nationalhelden gefeiert werden. Nur Wochen nach dem Weltrekordlauf von Berlin feierten auch die anderen Stars aus Kenia große Siege in den USA. Eliud Kipchoge triumphierte beim Chicago Marathon in der drittschnellsten Zeit des Jahres von 2:04:11 Stunden und Wilson Kipsang erzielte in einem spannenden Sprintduell gegen den Äthiopier Lelisa Desisa bei sehr schwierigen Bedingungen in New York seinen Premierensieg beim beliebtesten Marathon der Welt. Dieser Triumph sicherte dem 32-Jährigen übrigens auch den Gesamtsieg in den World Marathon Majors, einen Punkt vor Kimetto, was mit einer Prämie von 500.000$ belohnt wird. Damit hat Kipsang binnen 13 Monaten den Berlin Marathon, den London Marathon und den New York City Marathon für sich entschieden, well done!

Auch in Amsterdam (Premierensieg von Bernard Kipyego) und Frankfurt (Oldie Mark Kiptoo) genossen die Kenianer den Platz an der Sonne. Dagegen erwischten die Äthiopier einen verbrauchten Marathonherbst: Ayele Abshero scheiterte in Amsterdam, Tsegaye Mekonnen in Frankfurt, Tsegay Kebede konnte in Berlin bei der Weltrekordhatz nicht mithalten und Kenenisa Bekele war mit seinem vierten Platz in Chicago auch nicht wirklich zufrieden. In der Jahresbestenliste rangieren acht Kenianer auf den ersten zehn Plätzen (wobei Eliud Kipchoge gleich mit zwei Leistungen vertreten ist), einzig Tsegaye Mekonnen (sechstschnellste Zeit in Dubai) und Kenenisa Bekele (zehntschnellste Zeit in Paris) dringen in die kenianische Phalanx ein. Getu Feleke rangiert mit seinem Streckenrekord beim Vienna City Marathon übrigens auf Rang zwölf der Jahresbestenliste, nur bei sechs anderen Marathons wurde heuer schneller gelaufen. Trotzdem: Die Äthiopier sind ins Hintertreffen geraten!

Europäische Highlights
Wenn europäische Läufer im Marathon ein Highlight setzen, muss man die Dimensionen deutlich erweitern. Mo Farah liegt mit seiner Leistung beim London Marathon im Frühjahr auf Rang 77 der internationalen Jahresbestenliste. Trotzdem gab’s auch im Herbst ein Highlight – der Ukrainer Sergej Lebid wurde vor wenigen Tagen beim Joong Ang Seoul Marathon Vierter in einer Zeit von 2:08:32 Stunden (Rang 85). Damit ist der 39-Jährige, der eine persönliche Bestleistung aufstellte, der zweitbeste Läufer des Jahres, der nicht auf dem afrikanischen Kontinenten geboren wurde. Besser war nur der Japaner Kohei Matsumura beim Tokio Marathon. Dessen Leistung reicht für Rang 70 der internationalen Bestenliste. Vorteil: Afrika. Uneingeschränkte Dominanz: Afrika! Für den größten Erfolg eines europäischen Marathonläufers sorgte natürlich der Italiener Daniele Meucci mit seinem Europameistertitel von Zürich, wo naturgemäß außer-kontinentale Konkurrenz fehlt.

Comeback eines Ex-Weltrekordhalters
Ganz ist das Marathonjahr 2014 noch nicht vorbei, eine wichtige Veranstaltung steht Anfang Dezember noch auf dem Programm: der Fukuoka Marathon. Und der steht heuer ganz im Zeichen des Marathon-Comebacks von Patrick Makau, der 2011 in Berlin Weltrekord lief und diesen zwei Jahre lang inne hatte. Von einer hartnäckigen Knieverletzung erholt will der 29-jährige Kenianer den Anschluss an die Weltspitze so bald wie möglich wieder herstellen.

Rita Jeptoo versetzt Marathonwelt in Doping-Schock
Für die Schlagzeilen im Marathon-Herbst der Damenwelt war fast ausschließlich die Kenianerin Rita Jeptoo zuständig, zuletzt mit einer negativen. Bei einer Trainingskontrolle im September in Kenia wurde sie positiv auf EPO getestet. Sollte die B-Probe dieses Resultat bestätigen, kommt auf den Marathonsport der vielleicht größte Dopingskandal aller Zeiten zu. Und die World Marathon Majors stehen möglicherweise vor einem großen Problem. Denn Jeptoo ist – solange die Unschuldsvermutung gilt – die Siegerin der World Marathon Majors Gesamtwertung 2013/14 mit der Rekordpunktezahl von 100 Zählern für ihre beiden Doppelsiege beim Boston Marathon und beim Chicago Marathon. Selbst wenn der Sieg beim Chicago Marathon 2014 gestrichen würde, der nachweislich nach der positiven A-Probe errungen wurde, läge Jeptoo immer noch vorne. Sollte man ihr kein Langzeitdoping nachweisen können, stecken die World Marathon Majors also gehörig in der Klemme, denn was die Vereinigung der sechs größten Marathons der Welt unbedingt vermeiden möchte, wäre eine Ehrung einer überführten Dopingsünderin. Die Auszeichnungen wurden erstmal auf unbestimmte Zeit verschoben…

Jahresweltbestleistung in Berlin
Das sportliche Highlight des Marathonherbstes setzte die Äthiopierin Tirfi Tsegaye, die den Berlin Marathon in Jahresweltbestleistung von 2:20:18 Stunden gewann. (Die von Jeptoo in Boston erzielte Zeit von 2:18:57 Stunden wird von den offiziellen Statistiken der IAAF nicht geführt, Anm. d. Red.). Dominierten bei den Herren die Kenianer, übernahmen bei den Damen die Äthiopierinnen das Kommando. Tigist Tufa überzeugte mit einer starken Leistung beim Shanghai Marathon, Aberu Kebede feierte beim Frankfurt Marathon einen souveränen Sieg und Mulu Seboka gewann in Toronto. Edna und Florence Kiplagat, die beim London Marathon im April einen Doppelsieg feierten, sind die einzigen beiden Kenianerinnen in den Top 12 der 2014 gelaufenen Zeiten. Neben sieben Äthiopierinnen, wobei Feyse Tadese (Berlin und London) und Tirfi Tsegaye (Berlin und Tokio) zweimal platziert sind, taucht auch eine Nicht-Afrikanerin auf: Shalane Flanagan verpasste beim Berlin Marathon zwar den angestrebten US-Rekord, lief aber in 2:21:14 Stunden die sechstschnellste Zeit des Jahres.

Sieg beim Comeback
Für eine weitere große Leistung sorgte Mary Keitany, die beim New York City Marathon nach über zweijähriger Absenz sofort wieder auf den obersten Platz des Siegerpodestes zurückkehrte. Bei den widrigen Bedingungen in New York sorgte die Portugiesin Sara Moreira für ein europäisches Marathon-Ausrufezeichen: Bei ihrem Debüt wurde sie in einer respektablen Zeit von 2:26:00 Stunden auf Anhieb Dritte beim beliebtesten Marathon der Welt. Bei den Europameisterschaften in Zürich lagen die routinierten Läuferinnen vorne, die 39-jährige Christelle Daunay holte Gold vor der 38-jährigen Valeria Straneo.

Heimsiege bei österreichischen Marathons
Über zwei Heimsiege konnten sich die beiden größten Herbstmarathons in Österreich freuen. Cornelia Köpper (LG Apfelland) gewann den Graz Marathon in einer Zeit von 2:45:18 Stunden vor ihrer Landsfrau Karin Freitag (LG Decker Itter) und Sandra Urach (Im Wald Läuft’s) siegte beim Drei Länder Marathon in einer Zeit von 2:50:38 Stunden. Die Siege bei den Herren gingen an den in Österreich lebenden Äthiopier Lemawork Ketema (Graz, 2:22:09 Stunden) und den Kenianer Francis Ngare (Drei Länder, 2:11:42 Stunden).
Text: SIP / TK
Foto: SIP - Johannes Langer