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Mit 38 Jahren hat er noch Beine wie ein junger Hüpfer. Mark Kiptoo lief in Frankfurt allen davon.
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Kiptoos Debütsieg mit 38 und phänomenales Debüt von Gabius
In seinem erst dritten Marathon gelingt dem Kenianer Mark Kiptoo, der doppelt so alt ist wie Favorit Tsegaye Mekonnen, der große Durchbruch. Der Oldie nutzt die Gunst der Stunde und gewinnt in Frankfurt. Nach einer bärenstarken Debütleistung darf sich auch Arne Gabius als Sieger fühlen.
Im vergangenen Jahr, als Mark Kiptoo sein Marathondebüt feierte, war es sicherlich auch die Unerfahrenheit eines Neulings, die den Ausschlag über Sieg und Niederlage zu Gunsten seines Landsmanns Vincent Kipruto ausgegeben hatte. Heuer aber drehte der Oldie den Spieß um und demonstrierte der versammelten Gegnerschaft, wie der Hase läuft. „Während des Rennens habe ich gespürt: Das wird mein Tag!“, freute sich Kiptoo im Ziel wie ein Honigkuchenpferd.

Taktisch klug
Kiptoo gewann auch, weil er auf taktischer Ebene des besten Plan umsetzen konnte – und das trotz Schmerzen im linken Wadenmuskel. Das Rennen begann bei idealen äußeren Bedingungen mit einem wilden Tempo, nach 15 Kilometern lag eine 17-köpfige Spitzengruppe auf Kurs einer prognostizierten Zielzeit unter 2:04 Stunden. Besonders der Äthiopier Tsegaye Mekonnen schien entschlossen, seinen eigenen Junioren-Weltrekord und den äthiopischen Landesrekord von Haile Gebrselassie zu attackieren. Auf diese Weise wollte er auch seine kenianischen Gegner frühzeitig unter Druck setzen. Ein Rezept, das nicht aufging, weil der Koch selbst einen schwachen Tag erwischte. Denn bereits nach 26 Kilometern war die Suppe für den erst 19-jährigen Rohdiamanten aus Äthiopien versalzen. Wer vor wenigen Wochen seine mysteriöse Aufgabe beim Halbmarathon in Lissabon beobachtete hatte, wunderte sich nicht so sehr: Der junge Äthiopier schien bei seinem dritten Marathon in diesem Jahr trotz großer Ankündigungen bereits verheizt.

In der Spitzengruppe wurde das Tempo anschließend reduziert, denn keiner der verbliebenen Athleten war in der Lage, diese Geschwindigkeit 42,195 Kilometer lang zu halten. Am besten mit dem Rennverlauf kam Mark Kiptoo zurecht: „Als ich sah, dass meine Kollegen müde waren, habe ich draufgedrückt.“

Späte Entscheidung
Fünf Läufer plus Pacemaker Ronald Korir waren kurz vor dem Finale noch beisammen. Als bei Kilometer 40 Mike Kigen, der Mo Farah zuletzt beim Bupa Great North Run ordentlich gefordert hatte, forcierte, konnte vorerst nur Gilbert Yegon mitgehen. Mit Bedacht und mit seinem eigenen Rhythmus schloss Kiptoo die Lücke jedoch wieder und zog das Tempo auf der langen Gerade zur Messehalle hin an. Eine kleine Lücke entstand und wurde konstant größer, die Vorentscheidung war gefallen. Als Kiptoo die Ziellinie in einer Zeit von 2:06:49 Stunden kreuzte, kannte sein Jubel keine Grenzen. „Die Frankfurter Messehalle ist der beste Ort für so einen großen Erfolg“, so der ehemalige 5.000m-Spezialist nach dem größten Erfolg seiner Karriere.

Nur Kenia am Podest
Mike Kigen belegte mit zehn Sekunden Rückstand Rang zwei und schraubte seine persönliche Bestleistung damit um rund eineinhalb Minuten nach unten, neun weitere Sekunden dahinter machte Gilbert Yegon das rein-kenianische Podest perfekt. Dagegen hatten die starken Äthiopier Tebalu Zawude und Deribe Robi knapp das Nachsehen beim Kampf um die Podestplätze, freuten sich aber jeweils über deutliche persönliche Bestzeiten.

Topfavoriten enttäuschend
Wie bereits eine Woche zuvor in Amsterdam wussten die erklärten Favoriten nicht zu überzeugen. Mekonnen verlor überraschend früh den Anschluss, nachdem der sicherlich mit ihm abgesprochene Tempoplan ihm den Zahn gezogen hatte. Aus aussichtsloser Position schmiss er wenig später das Handtuch. Ins Ziel kam Vorjahressieger Vincent Kipruto, der elf Kilometer vor dem Ziel den Anschluss an die Spitze verloren hatte. Aber mit Rang 13 und eine Zeit von 2:12:09 Stunden tat sich das Frankfurter Publikum schwer, ihn nach dem Triumph von 2013 wieder zu erkennen. Auch der für Österreich startende Kenianer Edwin Kemboi, amtierender Staatsmeister, sah die Messehalle nur aus der Entfernung. 15 Kilometer lang hielt er mit der Gruppe um Arne Gabius mit, verlor dann den Anschluss und stieg aus, nachdem er das anfänglich hoffnungsvolle Tempo klar nicht halten konnte.

Ein deutscher Marathonheld
Neben Mark Kiptoo gab es beim zweitgrößten Marathon Deutschlands noch einen weiteren großen Sieger: Arne Gabius, in Zürich bei den Europameisterschaften noch über 5.000m im Einsatz, lieferte ein sensationelles Marathondebüt. Besonders beeindruckend: Der 33-jährige Hamburger, der in Stuttgart lebt und häufig in Tübingen trainiert, spulte die 42,195 Kilometer bei seinem Debüt ab wie ein Uhrwerk, und das, obwohl sein Tempomacher Andre Pollmächer (übrigens der beste deutsche Marathonläufer der letzten Jahre) bereits zur Halbzeit aus dem Rennen stieg. Gabius machte konzentriert weiter und erlebte innere Luftsprünge, als er im Laufe des Rennens sowohl Mekonnen als auch Kipruto überholte. „Es war toll, mein Plan ist perfekt aufgegangen! Bei Kilometer 32 habe ich das Heft in die Hand genommen, ich wollte etwas riskieren. Bereits vor der Festhalle wusste ich, dass ich mein Ziel erreicht hatte, und konnte es genießen und mit den Leuten feiern“, erzählte der überglückliche Gabius.

Sein fantastisches Debüt endete in einer hervorragenden Zeit von 2:09:32 Stunden inmitten der ostafrikanischen Elite und schrieb deutsche Laufgeschichte. Nur drei Landsleute waren jemals schneller gelaufen als Gabius, zuletzt der deutsche Rekordhalter Jörg Peter (2:08:47 Stunden) vor unglaublichen 26 Jahren in Tokio – damals noch für die DDR. Seit 24 Jahren hatte kein deutscher Marathonläufer mehr die 2:10 Stunden Marke geknackt. Statistische Daten, die der Leistung Gabius ein lautes „Hurra“ attestieren.


Ergebnis BMW Frankfurt Marathon der Herren

1. Mark Kiptoo (KEN) 2:06:49 Stunden
2. Mike Kigen (KEN) 2:06:59 Stunden
3. Gilbert Yegon (KEN) 2:07:08 Stunden
4. Tebalu Zawude (ETH) 2:07:10 Stunden
5. Deribe Robi (ETH) 2:07:16 Stunden
6. Ronald Korir (KEN) 2:07:29 Stunden
7. Daniel Wanjiru (KEN) 2:08:18 Stunden
8. Adugna Takele (ETH) 2:08:31 Stunden
9. Arne Gabius (GER) 2:09:32 Stunden
10. Allan Kiprono (KEN) 2:09:38 Stunden

BMW Frankfurt Marathon
Text: SIP / TK
Foto: SIP - Johannes Langer