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Hier feiert 800m-Star Nijel Amos eingehüllt in die Nationalflagge Botswanas. Beim Continental Cup geht er für Afrika an den Start und kämpft um wichtige Punkte für die Gesamtwertung.
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Interessanter Vergleich der Kontinente in Marrakech
Zum Abschluss der Wettkampfsaison 2014, was Leichtathletik-Wettkämpfe im Stadion betrifft, treffen im marokkanischen Marrakech jeweils die zwei besten Vertreter jedes Kontinententen im Rahmen des IAAF Continental Cup aufeinander. Zahlreiche Einzelentscheidungen versprechen Spannung, die Zusammensetzung der Starterfelder ist einzigartig. Und auch in der Gesamtwertung könnte die Entscheidung erst spät fallen.
Nach drei Austragungen in Folge kehrt der IAAF Continental Cup, der bei den ersten zehn Austragungen noch IAAF World Cup hieß, wieder nach Afrika zurück, an jenen Ort, an dem die Afrikameisterschaften aufgrund mangelnden Zuschauerinteresses beinahe abseits der Öffentlichkeit stattfanden. Zuletzt hatte das südafrikanische Johannesburg das alle vier Jahre wiederkehrende Event 1998 ausgetragen. Als ein absoluter Höhepunkt angedacht, hatte es der „Kampf der Kontinente“ allerdings stets sehr schwer, nach internationaler Aufmerksamkeit zu angeln und konnte sich nie als Großereignis wie Weltmeisterschaften oder Kontinentalmeisterschaften etablieren. Trotzdem verliefen die letzten Austragungen durchaus spannend, da der Continental Cup einen hochinteressanten Vergleich anbietet: Die afrikanischen Mittel- und Langstreckenspezialisten gegen die amerikanischen Übersprinter gegen die europäischen Techniker. Eine Änderung des Modus, der 2010 Premiere hatte, soll dem Event nun Flügel verleihen. Vor vier Jahren in Split setzte sich das gesamt-amerikanische Team knapp vor Europa durch, vier Jahre zuvor in Athen gewannen die Europäer hauchdünn vor den USA, die damals noch ein eigenes Team stellen durften.

Der Kampf um Einzelsiege und Punkte
Der Modus funktioniert ähnlich wie bei der Team-Europameisterschaft: Die vier an den Start gehenden Kontinentalteams, Europa, Afrika, Amerika und Asien-Ozeanien, dürfen pro Disziplin zwei Teilnehmer stellen. Der Sieger eines Wettkampfs erhält acht Punkte, der Zweitplatzierte sieben usw. bis zum Achtplatzierten, der sich mit einem Punkt zufrieden geben muss. Die Punkte werden summiert, so dass am Ende eine Gesamtwertung zustande kommt. Dass selbst die großen Stars diesem früher häufig belächelten und deswegen auch oftmals von der Prominenz missachteten Event die Ehre erweisen und die Reise nach Marokko antreten, dafür sorgt der Weltverband IAAF mit einer übertriebenen Ausschüttung an Prämien von insgesamt nahezu drei Millionen US-Dollar. Jeder Einzelsieg bringt einem Athleten 30.000$ ein, 50.000$ hält der Weltverband für etwaige Weltrekorde bereit.

Europa gegen Amerika
Pauschale Hochrechnungen prognostizieren erneut ein Duell zwischen dem europäischen und dem amerikanischen Team. Die Amerikaner haben dabei deutliche Vorteile in den Sprintdisziplinen, wo US-Amerikaner die meisten Startplätze einnehmen und Jamaikaner kaum berücksichtigt wurden. Usain Bolt glänzt sowieso wie fast die gesamte Saison mit Abwesenheit. Interessant ist, dass nur sechs Athleten und sieben Athletinnen nicht aus den USA oder aus Inselstaaten der Karibik stammen. Mit 200m-Shootingstar Alonso Edward aus Panama, Dreisprung-Dominatorin Caroline Ibarguen aus Kolumbien, den Brasilianern Carlos Antonio dos Santos (3.000m), Jonathan Silva (Dreisprung), Augusto Dutra (Speerwurf), Fabiana Murer (Stabhochsprung), den Mexikanern Luis Rivera (Weitsprung) und Brenda Flores (5.000m) sowie dem chilenischen 5.000m-Läufer Evan Lopez ist Südamerika enorm unterrepräsentiert. Für das europäische Team wurden keine österreichischen Athleten nominiert. Die Schweiz ist mit Europameister Kariem Hussein (400m Hürden) vertreten, aus Deutschland kommen Europameister David Storl (Kugelstoßen), Richard Ringer (3.000m), Cindy Roleder (110m Hürden), Lisa Ryzih (Stabhochsprung), Christina Schwanitz (Kugelstoßen) und Linda Stahl (Speerwurf). Die Afrikaner gelten besonders in ihren Spezialdisziplinen im Mittel- und Langstreckenlauf als Kandidaten für Einzelsiege, für einen Gesamtsieg sind zahlreiche Disziplinen im technischen Bereich aber wohl nicht gut genug besetzt. Das asiatisch-ozeanische Team ist Außenseiter und wird wohl abgesehen von einigen möglichen Einzelsiegen den vierten Rang einnehmen. Die Ausgewogenheit zwischen Startern aus dem Nahen Osten, Ostasien und Ozeanien ist gegeben.


Ein Ausblick auf die Entscheidungen im Laufbereich:

800m
Alles andere als ein afrikanischer Sieg wäre eine große Sensation, das Duell der beiden Afrikaner ist aber ein interessantes: Nijel Amos geht deutlich als bester 800m-Läufer der Saison hervor, für den Äthiopier Mohamed Aman bietet sich zum Saisonende aber eine günstige Gelegenheit, sich mit einem Sieg über Amos in die Winterpause zu verabschieden. Bei den Afrikameisterschaften an Ort und Stelle triumphierte Amos vor Weltmeister Aman im Duell dieser beiden 20-Jährigen. Das Starterfeld ist insgesamt ein sehr interessantes: Europameister Adam Kszczot gelang es in Stockholm bereits einmal, Amos zu besiegen, und läuft in Marrakech um wichtige Punkte für Europa. Der zweite Europäer im Rennen, EM-Bronzemedaillengewinner Mark English ist dagegen krasser Außenseiter. Für Amerika sind der heuer im Sommer schwächelnde US-Boy Duane Solomon und Wesley Vazquez aus Puerto Rico im Rennen, das Feld wird komplettiert von 1:44-Mann Abdulrahman Musaeb Bala aus dem Katar und Australiens Nummer eins Jeffrey Riseley.

Einen hochspannenden Kampf um den Sieg darf man im 800m-Lauf der Damen erwarten, denn die Zusammensetzung des Feldes könnte illustrer und aufregender kaum sein. Weltmeisterin Eunice Sum aus Kenia muss sich dabei mit starken Gegnerinnen aus Amerika messen: Das junge US-Girl Ajee Wilson ist die Jahresschnellste und beendete die beeindruckende Siegesserie der Kenianerin in Monaco. Die Kubanerin Sahily Diago ließ im Frühjahr mit zwei Zeiten unter 1:58 Minuten aufhorchen und enttäuschte auch bei ihrem einzigen Auftritt in Europa in Rom nicht. In Marrakech könnte sie einen Versuch unternehmen, die riesige Enttäuschung, bei den Junioren-Weltmeisterschaften nur Silber gewonnen zu haben, vergessen zu machen. Auch die beiden Europäerinnen im Rennen, Europameisterin Marina Arzamasova und Vize-Europameisterin Lynsey Sharp, die zuletzt in Birmingham erstmals Sum besiegen konnte, sind alles andere als chancenlos und können in die Top Drei laufen. Weiters mit dabei: Tigist Assefa aus Äthiopien und die krassen Außenseiterinnen Tintu Luka aus Indien und Angela Smit aus Neuseeland.

1.500m
Diamond Race Sieger Silas Kiplagat fehlt in Marrakech, die beiden Topfavoriten kommen trotzdem aus Afrika, wobei ein individuelles Duell zwischen dem Kenianer Asbel Kiprop und Ayanleh Souleiman aus Dschibuti nicht aus der Welt ist. Besonders in einem derartigen Meisterschaftsrennen sind auch Europameister Mahiedine Mekhissi-Benabbad und der neuseeländische Drittplatzierte der Commonwealth Games, Nick Willis, der heuer erstmals unter 3:30 Minuten gelaufen ist, ernsthafte Kandidaten auf den Einzelsieg. Das Startfeld wird komplettiert von Vize-Europameister Henrik Ingebrigtsen, Leonel Manzano aus den USA, dem Kanadier Charles Philibert-Thiboutot sowie Benson Seurei aus dem Bahrain, die wohl nicht mit den schnellsten Vier mithalten können.

Das mit Spannung erwartete Duell bei den Damen lautet: Hellen Obiri gegen Europameisterin Sifan Hassan. Damit sind die beiden schnellsten Athletinnen des Jahres in diesem Rennen vereint. Obwohl Abeba Aregawi und Diamond Race Siegerin Jennifer Simpson fehlen, ist auch die restliche Besetzung stark. Junioren-Weltmeisterin Dawit Seyaum aus Äthiopien ist ein starkes Versprechen für die Zukunft, die US-Amerikanerin Shannon Rowbury stellte zuletzt ihre starke Form unter Beweis. Nicole Sifuentes aus Kanada, Renata Plis aus Polen, Mimi Belete aus dem Bahrain und Selma Kajan aus Australien schlüpfen in die Rolle der Außenseiterinnen, aber auch hier geht es um wichtige Punkte für die Gesamtwertung des Kontinentalvergleichs.

3.000m
Alles andere als ein Sieg von Hallen-Weltmeister Caleb Ndiku über 3.000m wäre eine Überraschung. Der Kenianer, der in dieser Saison über 5.000m praktisch alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab, trifft auf Ex-Weltmeister Bernard Lagat, der im Alter von 39 Jahren die Amerikaner vertritt. Für Europa starten 5.000m-Vize-Europameister Hayle Ibrahimov aus Aserbaidschan und überraschend der Deutsche Richard Ringer. Des Weiteren sind der Brasilianer Carlos Antonio dos Santos, Abrar Osman Adem aus Eritrea, Nick Willis aus Neuseeland, der den Doppelstart wagt, und Aweke Ayalew aus dem Bahrain am Start.

Bei den Damen kommt die eindeutige Favoritin aus Afrika, die Äthiopierin Genzebe Dibaba. Wenn überhaupt, haben wohl nur Janet Kisa aus Kenia und Mimi Belete aus dem Bahrain Chancen, Dibaba zu gefährden. Für Europa sind 5.000m-Europameisterin Meraf Bahta aus Schweden und die Niederländerin Susan Kuijken im Rennen, aus Amerika kommen Gabe Grunewald aus den USA und die Kanadierin Jessica O’Connell, die zweite Asiatin ist die Japanerin Yuika Mori.

5.000m
Da Ndiku nur die 3.000m läuft, könnte ein Afrikaner über 5.000m für die volle Punktezahl und damit einen asiatischen Einzelsieg sorgen. Denn der gebürtige Kenianer Albert Rop läuft für den Bahrain und ist der auf dem Papier Schnellste in diesem Rennen. Auch sein „Teamkollege“, Zane Robertson aus Neuseeland kommt für gute Punkte in Frage. Rops größte Konkurrenten sind die Afrikaner Isiah Koech aus Kenia und Amlosom Nguse aus Eritrea. Für Europa kämpfen 10.000m-EM-Medaillengewinner Ali Kaya aus der Türkei und Bouabdellah Tahri aus Frankreich um Punkte, für die Amerikaner US-Boy Andrew Bumbalough und der Chilene Ivan Lopez. Mit Europameister Mo Farah, dem US-Amerikaner Galen Rupp und der äthiopischen Spitze gibt es einige Absagen zu verkraften.

Die Favoritin bei den Damen kommt aus Äthiopien: Die 22-jährige Ayana Almaz gewann heuer überraschend Gold bei den Afrikameisterschaften. Ihre schärfte Konkurrentin ist wohl Joyce Chepkirui aus Kenia, die einen Doppelsieg für Afrika perfekt machen könnte. Dahinter kämpfen die britische 10.000m-Europameisterin Jo Pavey, die Französin Clemence Calvin, die Mexikanerin Brenda Flores, die US-Amerikanerin Katie Mackey, die Australierin Eloide Wellings und Tejitu Daba aus dem Bahrain um wichtige Punkte.

3.000m Hindernis

Auch über 3.000m Hindernis stellt Afrika den Topfavoriten: Seriensieger Jairus Birech ist in Marrakech wohl kaum zu schlagen, als einziger theoretischer Kandidat für eine derartige Sensation kommt in Abwesenheit Mekhissi-Benabbads nur der US-Amerikaner Evan Jager in Frage, der zuletzt in Brüssel einen neuen Landesrekord aufgestellt hat. Der zweite Afrikaner, die in keiner Disziplin zwei Athleten aus derselben Nation einsetzen, was über 3.000m Hindernis ansonsten die logische Folge gewesen wäre, ist der beinahe unbekannte Äthiopier Chala Techo, der zweite Amerikaner Matt Hughes aus Kanada. Europa wird durch den Russen Ivan Lukyanov und den Polen Krystian Zalewski vertreten, Asien-Ozeanien durch Ali Abubaker Kamal aus dem Katar und John Koech aus dem Bahrain.

Das Duell bei den Damen lautet Hiwot Ayalew aus Äthiopien gegen Emma Coburn, zumindest was die ersten beiden Plätze betrifft. Zwei interessante Personalien schickt Asien-Ozeanien ins Rennen, nämlich Ruth Jebet, die zuletzt hauchdünn am Junioren-Weltrekord vorbeigeschrammt ist und durchaus Ayalew und Coburn fordern könnte, sowie die 19-jährige Australierin Stella Radford. Wohl nur um die hinteren Positionen kämpfen die Marokkanerin Salima Alami Alouali, die Kanadierin Jessica Furlan und die beiden europäischen Vertreterinnen Charlotta Fougberg aus Schweden und Svetlana Kudzelich aus Weißrussland.

IAAF Continental Cup 2014
Text: SIP / TK
Foto: IAAF