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Es hätte kaum dramatischer verlaufen können, das Finale über 1.500m der Damen. Mit allerletzter Kraft stürzte sich Jennifer Simpson über die Ziellinie und war am Ende die umjubelte Siegerin.
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Jennifer Simpson stürzt mit letzter Kraft zum Triumph
Jennifer Simpson ist die viel umjubelte Siegerin des Diamond Race über 1.500m der Damen. Diesen großen Erfolg erzielt die Ex-Weltmeisterin in einem dramatischen Finale. Über die 800m ist Nijel Amos unantastbar, über 5.000m krönt Caleb Ndiku eine traumhafte Saison.
Strategie ist ihre Stärke und die Strategie der US-Amerikanerin Jennifer Simpson sah im Zürcher Letzigrund beim Saisonfinale im Rahmen der Diamond League bei besten äußeren Bedingungen wie folgt aus: Die eigenen Marschroute bis zur Ziellinie durchlaufen und den Konkurrentinnen keinen Blick würdigen. Strammen Schrittes und fokussierten Blickes marschierte die 28-jährige Weltmeisterin von Daegu vorne weg, nahm das Tempo der für sie verpflichteten Pacemakerin Phoebe Wright, Landsfrau aus den Staaten, auf und lief ihren Rhythmus weiter bis ins Finale.
Ganz anders die Konkurrenz: Sifan Hassan blieb ihrer Art und Weise treu und klassierte sich erst einmal am Ende des Feldes ein, um mit einer ersten Welle an Überholmanövern sich ins Mittelfeld zu kämpfen und um zwei Runden vor Schluss noch einmal „den Blinker einzulegen“ und auf der Außenbahn den Rest zu überholen. Abeba Aregawi hingegen setzte sich gleich in den Windschatten der US-Amerikanerin, fiel jedoch früh zurück und hatte am Ende als Achte nicht überraschend keine Chance, im Rennen um die ersten Plätze ein Wörtchen mitzusprechen.

Sieg des Willens
Hassan positionierte sich hinter Simpson, die nach wie vor das taktische Heft nicht aus der Hand gab und damit die goldrichtige Entscheidung traf, auch wenn diese Strategie durchaus mit Risiko behaftet war. Die 21-jährige Niederländerin, wie Aregawi gebürtige Äthiopierin, scherte 100m vor dem Ziel wie prognostiziert aus, um das spannende Finale zu eröffnen. Doch Simpson hatte noch etwas Restenergie im Körper und hielt auf der Innenbahn gegen die Europameisterin gegen. Bei der Hälfte der Zielgeraden konnte sich Simpson sogar wieder leicht absetzen, Hassan war geschlagen. Dass es dennoch zum Herzschlagfinale eines besonders aus taktischer Sicht überragenden Rennens kam, „verdankte“ Simpson ihrer Landsfrau Shannon Rowbury, die auf der Innenkante der Innenbahn mit einem fantastischen Sprint den Atem der Zuschauer stocken ließ. Simpson, die ebenfalls tapfer und hart, aber fair die erste Bahn verteidigte, hat die 29-jährige Rivalin wahrscheinlich nicht gesehen, aber gespürt. Mit letzter Kraft ließ sich Simpson über die Ziellinie fallen, Rowbury stolperte wenige Meter hinter der Ziellinie über ihre völlig erschöpfte Landsfrau drüber. Das Fotofinish sollte entscheiden und bestätigte folgendes Resultat: Simpson hatte gewonnen in 3:59,92 Minuten, Rowbury war Zweite in 3:59,93 Minuten. Nennenswert sind auch der dritte Platz der Kenianerin Viola Kibiwot und der fünfte Rang der schwedischen Europameisterin über 5.000m, Meraf Bahta in persönlicher Bestleistung von 4:01,34 Minuten.

Überraschungssieg im Diamond Race

Mit dieser herausragenden Vorstellung hat Simpson in der Tat die Überraschung geschafft: Der Doppelerfolg in Stockholm und Zürich spülte sie an die Spitze des Diamond Race der Saison 2014. Zur Belohnung gab’s eine Prämie von 40.000$ plus einen Diamanten plus 10.000$ für den Tagessieg – ein lukrativer Auftritt! Simpson hatte die durch die Kontinentalmeisterschaften in Europa und Afrika entstandene Wettkampfpause perfekt für sich genutzt! Minuten nach dem Rennen, als Simpson sich gerade aufrichtete, sah sie eine junge Dame mit Blumenstrauß auf sie zukommen – das Signal des Sieges. Simpson, die bis dato nicht sicher war, wer gewonnen hätte, stieß ein lautes „Oh my god!“ in den Schweizer Nachthimmel. Erste Gratulantin war ihre Freundin und Trainingspartnerin Emma Coburn, die selbst bereits Feierabend hatte. Der Jubel während eines Tänzchens kannte keine Grenzen. Coburn hatte sich gemeinsam mit Simpson in der Höhe der Lenzerheide auf diesen phänomenalen Erfolg vorbereitet. Weil Hassan am Ende nur Vierte wurde, verteidigte Aregawi immerhin Rang zwei im Diamond Race vor der Niederländerin, die US-Amerikanerin thronte am Ende mit fünf Punkten Vorsprung deutlicher als erwartet von der Spitze. Vor dem Finale hatte die 28-Jährige noch auf Rang drei gelegen. Und dass die weiße US-Amerikanerin, noch dazu die älteste dieses Trio, die aus Ostafrika stammenden, höher eingeschätzten Rivalinnen auf einer Mittelstrecke mit äußerst sympathischen Auftritten besiegen konnte, hat einen gewissen Charme.

Amos gegen Rudisha – Duell der Stars
Im allerletzten 800m-Lauf der Diamond League 2014 positionierte sich der 20-jährige Nijel Amos endlichdort, wo er hingehört – nämlich an der Spitze der Jahreswertung. Der Läufer aus Botswana war der überlegene Läufer über diese Distanz in diesem Jahr und hätte gefühlt längst an der Spitze des Diamond Race liegen müssen. Doch weil seine Saisonplanung auf die Commonwealth Games und die Afrikameisterschaften ausgerichtet war, die er übrigens beide gewann, lag er tatsächlich noch hinter dem zweifachen Saisonsieger David Rudisha. Das wiederaufgerollte Duell der Olympischen Spiele 2012 zwischen den beiden, als Rudisha in Weltrekordzeit zu Gold stürmte und Amos in seinem Sog zu Silber in einer Riesenzeit zog, war eines der „Zuckerl“ für die über 20.000 Zuschauer im Letzigrund. Und Rudisha hatte sich taktisch etwas überlegt, wie er den Favoriten kitzeln könne. Anders als bei anderen Rennen ließ der 25-Jährige seinen vertrauten Tempomacher Sammy Tangui vorne walten und reihte sich selbst hinten ein.

Amos triumphiert
Erst in der Schlusskurve orientierte sich der Kenianer nach vorne. Zu diesem Zeitpunkt lag Nijel Amos an zweiter Position hinter dem führenden Franzosen Pierre Ambroise Bosse – Erinnerungen an die EM wurden zwangsweise wach. Amos sprintete an Bosse vorbei und sicherte sich einen nie gefährdeten Sieg in einer Zeit von 1:43,77 Minuten. Auch, weil Rudisha zwar ordentlich anzog, seinen Sprint aber nicht bis zur Ziellinie durchziehen konnte. In einer Zeit von 1:43,96 Minuten wurde er Dritter hinter 1.500m-Afrikameister Ayanleh Souleiman, der das mit Abstand beste Finale hatte und eine Zeit von 1:43,93 Minuten erzielte. Die Europäer hatten im stärksten Feld des Jahres über die zweifache Stadionrunde, in dem die Top acht der Saison versammelt waren, geringe Erwartungshaltungen, schlugen sich aber achtbar: Bosse belegte Rang fünf und Europameister Adam Kszcot wurde hinter seinem Landsmann Marcin Lewandowski Siebenter. In Stockholm war dem 24-jährigen Polen noch ein Überraschungssieg gelungen, allerdings in einem nicht derartig stark besetzten Feld.

Im Diamond Race sicherte sich Amos den mehr als nur verdienten Sieg mit 14 Punkten vor Rudisha mit zehn, der seine Saison als „schwierig“ bezeichnete und seine Leistungsfähigkeit auf 85% einschätzte, und Souleiman (ein 1.500m-Spezialist!) mit sechs Punkten. Im kommenden Jahr möchte Rudisha zurückschlagen, denn Amos, der wie sein Rivale die vergangene Saison verletzungsbedingt verpasst hatte, hat die lange Pause deutlich besser verarbeiten können als der Weltrekordhalter. Oder ist die Wachablösung längst erfolgt?

Die Ungerechtigkeit im Sport
Die Ausgangsposition über 5.000m der Herren im Diamond Race schien, eine klare zu sein: Yenew Alamirew führte mit 14 Punkten mit riesigem Vorsprung vor Caleb Ndiku mit sieben. Die Diamond League Wertung passiert auf folgendem Punktesystem: Der Sieger eines Rennens erhält vier Punkte, der Zweitplatzierte zwei und der Drittplatzierte einen. Um die Spannung künstlich zu erhöhen, hat sich der Veranstalter der höchst dotierten Leichtathletik-Meetingserie der Welt etwas einfallen lassen: beim Finale die Punkte zu verdoppeln. Diese zum größten Teil sinnfreie Regel hat übrigens auch in anderen Weltsportarten wie der Formel 1 Einzug erhalten. Kurzum: das Rennen im Diamond Race war also beim Finale in Zürich noch offen. Yenew Alamirew ist mit Abstand der konstanteste 5.000m-Läufer der Welt – zumindest bei Meetings. Bei seinen fünf Auftritten in diesem Jahr gewann er zweimal und wurde dreimal Zweiter. Saisonübergreifend belegte der 24-jährige Äthiopier in neun auffeinander folgenden Diamond League Rennen einen der ersten beiden Plätze! Keine Frage, wer die 40.000$ Extraprämie und den Diamanten verdienen würde.

Der totale Triumph
Ausgerechnet in Zürich hatte Alamirew das Pech gepachtet. Geschwächt von einer Krankheit trudelte in einer für ihn lächerlichen Zeit von 13:20,81 Minuten chancenlos auf Rang zwölf über die Linie. Der Äthiopier wurde hart bestraft und geht nach einem ebenso enttäuschenden fünften Rang bei den Afrikameisterschaften 2014 gänzlich leer aus. Denn Caleb Ndiku war an diesem Tag nicht zu bezwingen und siegte in einer Endzeit von 13:07,01 Minuten. Der 21-jährige Kenianer warf sich unmittelbar hinter der Ziellinie zum Gebet auf die Laufbahn des Letzigrund. Mit Sicherheit waren ein paar Dankesworte dabei, schließlich hätte die Saison des jungen Kenianers nicht besser verlaufen können: Hallen-Weltmeister über 3.000m, Sieg bei den Commonwealth Games, Sieg bei den Afrikameisterschaften und Sieg im Diamond Race jeweils über 5.000m. Mehr geht nun wirklich nicht! Mit 15 zu 14 Punkten hat er sich gegen Alamirew durchgesetzt. Bei allem berechtigten Lob zu Ndikus Wahnsinnsleistungen im Laufe des Jahres ist Mitleid mit Alamirew mehr als nur angebracht. Denn nicht immer ist der Sport gerecht – wäre der Äthiopier bei einem x-beliebigen Diamond League Meeting krank gewesen, wäre das Resultat ein ganz anderes...

Landesrekord für Ibrahimov
In Abwesenheit von 5.000m-Europameister Mo Farah konnte sich der EM-Silbermedaillengewinner Hayle Ibrahimov bestens in Szene setzten. Der Äthiopier, der für Aserbaidschan läuft, verbesserte in 13:09,17 Minuten seinen eigenen Landesrekord – nach einem sehr aktiven Auftritt ein verdienter Lohn auf dem fünften Rang. Zweiter hinter Ndiku wurde der aufstrebende, junge Äthiopier Muktar Edris, der zuletzt in Stockholm in Weltjahresbestleistung gewonnen hatte, vor dem US-Amerikaner Galen Rupp.

Ayalew souverän

Im Diamond Race über 3.000m Hindernis, einer nach dem Verschwinden der russischen Spitzenläuferinnen aus der Szene aufstrebenden Disziplin, hat sich schlussendlich die beste Läuferin durchgesetzt. Zwar kassierte die Äthiopierin Hiwot Ayalew in Zürich die erste Niederlage nach fünf großen Erfolgen in Serie – darunter auch die Goldmedaille bei den Afrikameisterschaften – doch mit Rang zwei in einer Zeit von 9:19,29 Minuten und insgesamt 19 Punkten sicherte sie den Sieg im Diamond Race ungefährdet ab. Zweite wurde am Ende Sofia Assefa mit 13 Punkten (in Zürich Dritte) vor Emma Coburn, die als Fünfte in Zürich leer aus ging. Für ihren ersten Saisonsieg sorgte die Tunesierin Habiba Ghribi, die nach Rang zwei in Stockholm ihre tolle Spätform neuerlich unter Beweis stellte. Besonders im Finale fiel der Triumph deutlich aus, in einer Zeit von 9:15,23 Minuten verbesserte sie den zwei Jahre alten Meetingrekord von Assefa um mehr als sechs Sekunden. Auch die äußerst talentierte Ruth Jebet hatte einen statistischen Erfolg zu feiern. Denn die für den Bahrain startende Kenianerin erzielte auf Rang vier in einer Zeit von 9:20,55 Minuten einen neuen Asienrekord – den Juniorenweltrekord verpasste die 17-Jährige nur haarscharf.

Spannender Rennverlauf
Um im Kampf gegen die überlegenen Äthiopierinnen die Sensation schaffen zu können, wählte die US-Amerikanerin Emma Coburn jene Taktik, die ihr schon in Shanghai zum Triumph verhalf. Sie nahm das Tempo der extra für sie eingestellten Pacemakerinnen Aisha Praught und Stephanie Garcia, ebenso aus den USA, auf und setzte sich vom Feld ab. Die Durchgangszeit des ersten Kilometers von 3:01,5 Minuten versprach Spannung, doch im Laufe des Mitteldrittels kam die Konkurrenz näher. Das lag allerdings vor allen Dingen daran, dass Garcia und Coburn das Tempo reduzieren mussten. Erst erreichten Jebet und Ayalew die Spitze, eine Runde später dann auch Assefa mit Ghribi im Windschatten. Im Finale spielte Coburn dann keine Rolle mehr, am Ende mussten alle die Überlegenheit der Siegerin aus Tunesien anerkennen und Ayalew sicherte souverän ihren ersten Sieg im Diamond Race ab.

Diamond League Meeting in Zürich
Text: SIP / TK
Foto: IAAF - Jean Pierre Durand