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Eine Sternstunde lieferte Silas Kiplagat in einem geschichtsträchtigen 1.500m Lauf in Monaco.
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Bei rasante Laufentscheidungen: Topstars ziehen den Kürzeren
In Monaco präsentieren die Weltklasseläufer Weltklasseleistungen und bieten dem begeisterten Publikum eine große Show. Doch es sind nicht die Topstars Asbel Kiprop und David Rudisha, die am Ende am lautesten jubeln. Über 800m der Damen geht gar eine beeindruckende Serie zu Ende.
So lautete der Plan: Mit hervorragend eingestellten Pacemakern die Basis schaffen und mit einer schnellen Runde am Ende in die Nähe des Weltrekords von Hicham El Guerrouj zu laufen. Asbel Kiprop wirkte in der Tat entschlossen, als der dumpfe Klang des Startschusses das 1.500m Feld beim Diamond League Meeting im Fürstentum Monaco auf die Reise schickte. In Windeseile von 54,08 Minuten lief Andrew Rotich die erste Runde an, sogar zu schnell für Kiprop, der seinen zweiten Pacemaker James Magut, immerhin der Neuntschnellste des Jahres und gemeinsam mit Kiprop Staffelweltmeister, etwas zügelte, während Rotich vorne sinnfrei seine eigenen Runden drehte. 56,76 und 56,65 Minuten die weiteren Runden, der Weltrekord war längst außer Reichweite. Doch Kiprop, stets im Windschatten von Magut laufend, kämpfte noch um die Jahresweltbestleistung.

Gnadenlos überflügelt
Und dann trat die Gefahr auf, die bei solchen Rekordversuchen immer besteht. Der Star sorgt für ein schnelles Rennen und hilft der Konkurrenz zu Wahnsinnszeiten. Silas Kiplagat verbrachte das Rennen taktisch geschickt immer auf der fünften Position. Als Kiprop 400m vor dem Ende noch einmal anzog, sauste der 24-jährige Kenianer an Souleiman vorbei und heftete sich an die Fersen seines Landsmanns. Als die Sekunden der Entscheidung eintraten, zog Kiplagat auf der Zielgeraden vorbei und sprintete zu einem überragenden Sieg. 3:27,64 Minuten, die schnellste Zeit seit Bernard Lagat in einem hochklassigen Duell in Zürich vor zehn Jahren Hicham El Guerrouj in die Knie zwang, 0,08 Sekunden schneller als der Diamond League Rekord von Kiprop aus dem Vorjahr. Und: Silas Kiplagat ist nun der viertschnellste Mensch aller Zeiten über diese Distanz, Kiprop nur noch die Nummer fünf. „Das ist eine großartige Bahn in einem großartigen Stadion. Die Bedingungen waren exzellent und ich war überzeugt, heute ein tolles Rennen laufen zu können“, so der umjubelte Sieger, der seine persönliche Bestleistung um eineinhalb Sekunden verbesserte. „Warum sollte ich jetzt nicht Richtung Weltrekord schielen?“ Eine unfassbare Schlussrunde in 53,5 Sekunden lässt das Potenzial erahnen...

Kiprop der Geschlagene in einem Rekordrennen
In einer immer noch fantastischen Zeit von 3:28,45 Minuten kam Asbel Kiprop als Zweiter ins Ziel, aber irgendwie fühlte er sich als Verlierer – überflügelt von seinem Landsmann und Hauptkonkurrent. „Es war ein hartes Rennen“, verließ der 25-jährige kurz angebunden die Arena. Dort feierten andere, die von Kiprops Tempoplanung profitierten. Der 18-jährige Ronald Kwemoi machte mit einem furiosen Finale nicht nur den kenianischen Dreifachsieg komplett, sondern stellte in einer Zeit von 3:28,81 Minuten einen neuen Junioren-Weltrekord auf. Zeitgleich mit Europarekordler Mo Farah ist er nun die Nummer sieben aller Zeiten. Ayanleh Souleiman markierte in 3:29,58 Minuten einen neuen Landesrekord für Dschibuti und blieb ebenso zum ersten Mal in seinem Leben unter 3:30 Minuten wie der Marokkaner Abdelaati Iguider, der Äthiopier Aman Wote, der Neuseeländer Nick Willis und der US-Amerikaner Matthew Centrowitz. Wote erzielte einen neuen äthiopischen Landesrekord, Willis verbesserte seinen eigenen Kontinentalrekord für Ozeanien auf eine Zeit von 3:29,91 Minuten. Zuvor war es übrigens maximal drei Läufern in einem Rennen gelungen, unter 3:30 Minuten zu bleiben! Und erneut top in Szene setzte sich der norwegische Europameister Henrik Ingebrigtsen, der seinen Landesrekord deutlich auf eine Zeit von 3:31,46 Minuten herunter schraubte.

Auch Rudisha im Feld der Enttäuschten
Rund 20 Minuten vor diesem 1.500m Rennen, das in die Geschichte der Diamond League einging, hatte ein anderer kenianischer Topstar ähnliche Pläne: David Rudisha wollte nichts anderes als eine neue Jahresweltbestleistung über 800m. In einer Zeit von 49,41 Minuten trieb sein vertrauter Pacemaker Sammy Tangui die erste Runde an, dicht hinter ihm folgte der wiedererstarkte Olympiasieger. Nun zog Rudisha an und lief von vorne weg, als sich zum Erstaunen des Publikums ein Konkurrent ins Rampenlicht lief, von dem es nicht alle erwartet hatten. Der Franzose Pierre Ambroise Bosse setzte sich in den Windschatten des Kenianers, dahinter folgte Amos. Diese drei hatten sich auf der Gegengeraden abgesetzt, als die Schlussbahn auf dem Programm stand, hatte Rudisha seine Kräfte bereits aufgebraucht. Nijel Amos überholte erst Bosse, dann Rudisha und stürmte zu einer fantastischen Siegeszeit von 1:42,45 Minuten – fast eine Sekunde schneller als die Jahresweltbestzeit von Rudisha und Kiprop und 0,12 Minuten schneller als der Meetingrekord des ehemaligen Weltrekordhalters Wilson Kipketer. Nicht zu vergessen: Ähnlich wie Rudisha hatte auch Amos verletzungsbedingt den Großteil der letztjährigen Saison verpasst.

Wie von einer Tarantel gestochen erlebte Bosse im Finale einen zweiten Frühling und kam Amos bedenklich nahe. In einer Zeit von 1:42,53 Minuten erzielte der 22-jährige im Rennen seines Lebens einen neuen Landesrekord für Frankreich und verbesserte damit die Marke von Mehdi Baala um über eine halbe Sekunde. Mohammed Aman wurde aufgrund eines tollen Sprints aus dem Hinterfeld noch Dritter vor Ferguson Rotich, der eine neue persönliche Bestleistung erzielte. Rudishas Saisonbestleistung von 1:42,98 Minuten reichte gerade einmal zu Rang fünf. Zum zweiten Mal in der Geschichte nach dem bereits jetzt legendären Weltrekordlauf Rudishas unter Olympischen Ringen in London blieben fünf Läufer in einem 800m Lauf unter 1:42 Minuten. Nicht unter den Tisch zu kehren ist ein weiterer Landesrekord von Alexander Rowe für Australien, der die Marke seines legendären Landsmanns Ralph Doubell einstellte. In einer Zeit von 1:44,40 Minuten verpasste er den 52 Jahre alten Kontinentalrekord des Neuseeländers Peter Snell lediglich um eine Zehntelsekunde. Auf der Suche nach einem Sponsor sollte ihm dieser Auftritt behilflich sein…

Sum erlebt neue Gefühle
Irgendwann geht jede Serie zu Ende! Das gilt auch für jene beeindruckende Siegesserie der Kenianerin Eunice Sum über 800m der Damen von 14 Erfolgen am Stück. Doch dieses Mal hatte die 26-jährige das Quentchen Glück nicht auf ihrer Seite, dafür eine verdammt starke Konkurrentin neben sich. Die immer stärker werdende US-Amerikanerin Ajee Wilson, zuletzt Siegerin in Glasgow in Abwesenheit Sums, zeigte in einem hochspannenden Duell auf der Zielgeraden ihre Krallen und kämpfte die Kenianerin förmlich nieder. In einer Zeit von 1:57.67 Minuten gab es dank einer rasanten zweiten Runde zur Belohnung den zweiten Diamond League Sieg in Folge und eine neue Jahresweltbestleistung, denn die 20-jährige lief um 0,07 Sekunden schneller als die Kubanerin Diago vor zwei Monaten in deren Heimat. Sum erlebte also erstmals seit einem Jahr jene Perspektive, in der sich beim Zieleinlauf der Rücken einer Läuferin im Blickfeld befand. 1:57,92 Minuten bedeuteten für sie trotz allem der schnellste Lauf der Saison. Platz drei ging an eine weitere emporstrebende Athletin: In einer Zeit von 1:58,63 Minuten erzielte die 20-jährige Winnie Nanyondo einen neuen Landesrekord für Uganda. Acht Läuferinnen blieben unter zwei Minuten, Mitfavoritin Yekaterina Poistogova musste sich lediglich mit Rang fünf zufrieden geben.

Favoritensiege auf den Langdistanzen
Mit einer neuen Jahresweltbestleistung von Genzebe Dibaba (14:28,88 Minuten) endete der 5.000m Lauf der Damen wie erwartet. Doch die 23-jährige Äthiopierin, die zum ersten Mal seit sechs Wochen wieder ein Diamond League Rennen gewann, musste bei Temperaturen um 25°C. im mit 15.000 Zuschauern gut besetzten Stade Louis II bis zum Ziel hart kämpfen, denn ihre Landsfrau Almaz Ayana, die sichtlich widerwillig fast die gesamte zweite Rennhälfte an der Spitze laufen musste, hielt bis zum Zielsprint ordentlich dagegen und wurde am Ende Zweite. Bei weitem nicht ihre Erwartungen erfüllen konnten Mercy Cherono mit Rang sieben und Sifan Hassan, zuletzt überragende 1.500m Läuferin, mit Rang zehn. Mitunter deshalb ging Rang drei an die Kenianerin Viola Kibiwot, die sich lange Zeit in der Spitzengruppe aufhielt. Für ein besonderes Highlight sorgte die US-Amerikanerin Molly Huddle auf Rang sechs, die in einer Zeit von 14:42,64 Minuten ihren eigenen Kontinentalrekord für Nord- und Mittelamerika um gut zwei Sekunden verbesserte.

Über 3.000m Hindernis der Herren war Jairus Birech in Abwesenheit Ezekiel Kembois erneut eine Klasse für sich. Mit einer Zeit von 8:03,33 Minuten gelang ihm in einer überlegenen Manier der vierte Diamond League Sieg in Folge. Zweiter wurde Conseslus Kipruto vor Hillary Yego.

Diamond League Monaco
Text: SIP / TK
Foto: IAAF - Philippe Fitte