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Yuki Kawauchi - das Laufphänomen aus Japan.
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Yuki Kawauchi – das Laufphänomen aus Fernost
Ein 26jähriger japanischer Laufamateur bringt seit einigen Jahren die Laufszene zum Staunen. Bei rund 30 Distanzlaufveranstaltungen nahm oder nimmt er im Jahr 2013 teil und erzielt regelmäßig tolle Zeiten und Resultate – und das alles nebst eines Vollzeitjobs in einer Schule.
Yuki Kawauchi ist 26 Jahre alt, geboren in Setagaya-ku, einem Stadtbezirk von Tokio, wohnhaft in Saitama nördlich der Hauptstadt und geht dort einem normalen Vollzeitjob nach. 40 Stunden pro Woche arbeitet er an einer Schule. Das Besondere: Er ist trotzdem einer der besten nicht-afrikanischen Distanzläufer der Welt. Als Amateur. „Ich möchte der Welt zeigen, dass man auf einem Weltklasselevel agieren kann, auch wenn man einem Beruf nachgeht.“

„Citizen Runner“
Yuki Kawauchi ist ein wahrhaftiger Lauffanat, ein Laufverrückter. Ein Mann, der sein liebstes Hobby in einer Intensität auslebt, wie kaum ein zweiter. „Citizen Runner“, so nennt ihn mittlerweile die ganze Laufwelt. Er ist zweifelsohne der „Star“ unter den Amateurläufern.

Aber was macht diesen Yuki Kawauchi aus? Es ist seine Hingabe dem Laufsport gegenüber, die er in jeder einzelnen Sekunde eines jeden Rennens auf eine herzzerreißende und ehrliche Art und Weise zelebriert und somit die positive Emotion eines jeden Lauffans erreicht. Es ist schier endlose Freude am Laufen und die außergewöhnliche Anzahl an Wettkämpfen, die allgemein praktizierte Regenerationsphasen mit Verachtung straft. Und es sind die Topzeiten, die er trotz dieser Wettkampfdichte regelmäßig anbietet. Vielleicht ist es aber auch das Unverständnis diesem Läufer gegenüber, der sich im Bereich des Irrealen bewegt.

Yuki Kawauchi ist Kult in der internationalen Laufszene, die Veranstalter stehen Schlange. Unzählige Einladungen zu Events rund um den Globus flattern pausenlos ins Haus, manche Renndirektoren müssen bereits jetzt bis 2015 warten, ehe der „Citizen Runner“ ihre Veranstaltung beehrt, hunderte kann er gar nicht annehmen.

Eine Reise um die Welt
Sein persönlicher Wettkampfkalender 2013 gleicht einer Reise um die Welt. In sieben Ländern auf allen fünf Kontinenten nahm bzw. nimmt er in diesem Jahr an hochkarätigen Veranstaltungen teil. Dabei stehen 14 Saisonsiege auf seiner Visitenkarte, die meisten davon auf japanischem Boden. Im Frühjahr gelang dem 26jährigen eine Leistungssteigerung, beim Seoul Marathon am 17. März kam er in persönlicher Bestzeit von 2:08:14 Stunden als Vierter ins Ziel und war damit exakt eine Sekunde schneller als sechs Wochen davor beim Sieg in Oita.

Allein 22 Distanzläufe bestritt er 2013 vor seinem Saisonhighlight, dem WM-Marathon in Moskau! Doch ausgerechnet in der russischen Metropole lief es nicht nach Plan: Rang 18 in einer Zeit von 2:15:35 Stunden. Dafür hat der japanische Laufverrückte eine einfache Erklärung: „Ich mag es nicht bei Hitze zu laufen, da kann ich meine Leistung nicht abrufen.“

Beim Bupa Great North Run am 15. September lief Yuki Kawauchi erstmals in Großbritannien, sein Debüt auf amerikanischen Boden wird er am 3. November beim New York City Marathon geben, vier Wochen später wird er in Fukuoka am Start stehen, wenn die Japaner ihre Vorausscheidung für den Marathon im Rahmen der Asien Spiele 2014 ausfechten.

„Beinahe-Hattrick“ in Down Under
Besonders gerne tritt Kawauchi, abgesehen von zahlreichen Veranstaltungen in seiner Heimat, bei Laufevents in Australien an. Angereist mit dem Plan, binnen gut zwölf Monaten alle drei großen Marathonveranstaltungen des Landes zu gewinnen, hatte er im Herbst 2012 beim Syndey Marathon triumphiert. Beim Gold Coast Marathon im Juli 2013 wollte Kawauchi unter 2:10 Stunden laufen. Er kam ins Ziel mit einer Zeit von 2:10:01 Stunden und stellte den Streckenrekord ein, aber seine Siegesserie am fünften Kontinent hielt. Die schnellste jemals auf australischem Boden gelaufene Marathonzeit des Australiers Robert de Castalla (damaliger Weltrekordhalter und später erster Marathon-Weltmeister der Geschichte), gelaufen bei den Commonwealth Games 1982 in Brisbane in 2:09:18 Stunden, hielt stand. Der Hattrick blieb Kawauchi letztlich doch versagt: Beim Melbourne Marathon am 13. Oktober musste er sich mit einer Zeit von 2:11:40 Stunden dem Kenianer Dominic Ondoro geschlagen geben.

Kein Trainer, keine Sponsoren und ein Vollzeitjob
Es sind Ergebnisse, die an einen Profi erinnern. Die Wettkampffrequenz und die starken Leistungen, lassen an einen Menschen denken, der sein ganzes Leben aufs Laufen ausgelegt hat. Doch Yuki Kawauchi ist in erster Linie ein normaler Angestellter, arbeitet 40 Stunden pro Woche an einer Schule in Saitama. 150 Kilometer trainiert er wöchentlich, mehr Zeit bleibt nicht. Jene Zeit, die ihm außerberuflich zur Verfügung steht, opfert er mit Sicherheit zur Gänze dem Laufsport und den Reisen zu Laufsportveranstaltungen. Nimmt er an Läufen teil, so reist er am Samstag an, läuft am Sonntag, um am Montag wieder seinem Beruf nachzugehen. Trainer hat er keinen, Sponsoren auch nicht. Er läuft nicht einmal für eine Firmenmannschaft, was im japanischen Sport Gang und Gebe ist, auch in anderen Sportarten.

Das Phänomen Yuki Kawauchi
Es gibt verschiedene Perspektiven, aus denen man Yuki Kawauchi betrachten und beurteilen kann. Die medizinische Perspektive, die mit ihrer Skepsis gegenüber der andauernden Strapazen für den Körper warnend den Finger hebt. Denn ein Marathon läuft sich bekanntlich nicht so einfach, besonders nicht in solch geringen zeitlichen Abständen zum nächsten. Nach seinem Sieg beim Okinoshima Ultramarathon über 50 Kilometer am 16. Juni kollabierte Kawauchi nach dem Zieleinlauf aufgrund eines Hitzeschlags und musste laut japanischen Medien ins Krankenhaus gebracht werden. Zwei Wochen davor und drei Wochen danach lief er einen Marathon. Die sozial-psychologische Perspektive, die diesen Läufer in einer Welt darstellt, die ausschließlich aus Arbeit und Laufen besteht und in der kein Platz für relevante Erfahrungen im sozialen Leben ist. Die sportliche Perspektive, die erstaunliche Daten und Ergebnisse betrachtet. Und die mystische Perspektive, wie macht dieser Japaner das?

Eines trifft sicher auf ihn zu: Yuki Kawauchi ist ein Phänomen, ein echter Lauffanat, ein Laufverrückter. Und Laufverrückter kann bei ihm getrost sowohl im positiven wie auch im negativen Sinn gewertet werden.

Spannende Herausforderungen
Ziele hat Kawauchi, was den Laufsport angeht, haufenweise. Sein größter Wunsch ist es, mit dem japanischen Nationalteam Erfolge bei internationalen Großereignissen zu feiern. Als Amateur gegen die versammelte, professionelle Weltspitze. Nach der Enttäuschung bei den Weltmeisterschaften in Moskau hat er bereits die Asienspiele 2014 im südkoreanischen Incheon in den Fokus gerückt. Und da wären dann ja noch die Weltmeisterschaften 2015 in Peking und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. Bis dorthin wird Yuki Kawauchi emsig viele tausend Rennkilometer bei zahlreichen Distanzläufen überall auf der Welt absolvieren. Und wenn er seinen Lebensstil nicht verändert, wird er irgendwann einen speziellen Weltrekord brechen: Der US-Amerikaner Doug Kurtis hat zwischen 1980 und 1994 75 Marathons unter 2:20 Stunden absolviert. Mit seinen 26 Jahren hat Yuki Kawauchi noch ein großes Stück sportlicher Zukunft vor sich.


Yuki Kawauchis unfassbarer Wettkampfkalender 2013 (Quelle: JapanRunningNews)

13.1. Mari Tanigawa Halbmarathon (1. / 1:05:31 Stunden)
18.1. Luxor Marathon (1. / 2:12:24 Stunden / Streckenrekord)

3.2. Beppu-Oita Marathon (1. / 2:08:15 Stunden / Streckenrekord, PB)
17.2. Kumanichi 30 km (1. / 1:29:31 / Streckenrekord)

7.3. Tamana Halbmarathon (2. / 1:03:12 Stunden)
17.3. Seoul Marathon (4. / 2:08:14 Stunden / PB)
24.3. Saitama Halbmarathon (1. / 1:05:52 Stunden)

14.4. Honjo Waseda Halbmarathon (1. / 1:06:28 Stunden)
21.4. Nagano Marathon (1. / 2:14:27 Stunden)

5.5. Toyohiragawa Halbmarathon (1. / 1:05:45 Stunden)
12.5. Sendai Halbmarathon (10. / 1:03:30 Stunden)
19.5. Gifu Seiryu Halbmarathon (14. / 1:05:05 Stunden)
26.5. Kurobe Meisui Halbmarathon (1. / 1:03:58 / Streckenrekord)

2.6. Chitose Marathon (1. / 2:18:29 Stunden / Streckenrekord)
16.6. Okinohsina Ultramarathon (50 km) (1. / 2:57:28 Stunden)

7.7. Gold Coast Marathon (1. / 2:10:01 Stunden / Streckenrekord)
21.7. Shibetsu Halbmarathon (22. / 1:06:45 Stunden)
28.7. Kushiro Shitsugen 30 km (1. / 1:33:27 Stunden)

17.8. WM Marathon in Moskau (18. / 2:15:35 Stunden)

15.9. Bupa Great North Run (Halbmarathon) (8. / 1:04:08 Stunden)
29.9. Hakodate Halbmarathon (4. / 1:04:51 / Stunden)

6.10. Hirosaki Shirakami Halbmarathon (1. / 1:04:42 Stunden)
13.10. Melbourne Marathon (2. / 2:11:40 Stunden)
20.10. Takashimadaira 20 km

3.11. NYC Marathon
17.11. Ageo City Halbmarathon
24.11. Koedo Kawagoe Halbmarathon

1.12. Fukuoka Marathon
15.12. Hofu Yomiuri Marathon
Text: SIP / TK
Foto: AFP